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Zustandsbericht Stoffe und Produkte

Bahnarbeiter in orangen Sicherheitswesten gehen entlang der Gleise.
© Emanuel Ammon

Stoffe und Produkte werden allgemein als Chemikalien bezeichnet. Chemikalien sind allgegenwärtig vorhanden, sei es als reine Stoffe, als Stoffgemische in chemischen Produkten oder als Bestandteile in Erzeugnissen und Gegenständen aller Art. Weit über 100'000 synthetische Stoffe befinden sich auf dem EU-Markt, dazu kommt eine noch grössere Anzahl von chemischen Produkten.

Chemikalien tangieren nahezu alle Bereiche des wirtschaftlichen und privaten Lebens, hauptsächlich die industriell-gewerbliche Verwendung, die Landwirtschaft, den Handel sowie auch die Verwendung durch Private.

Basierend auf dem Chemikaliengesetz und dem Umweltschutzgesetz regeln die Chemikalienverordnung (ChemV) und die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) hauptsächlich die Anforderungen an Stoffe und Produkte hinsichtlich der Schutzziele «Gesundheit» und «Umwelt»:

  • Hersteller und Importeure von Chemikalien müssen diese entsprechend der Gefährlichkeit einstufen, kennzeichnen und ein Sicherheitsdatenblatt erstellen.
  • Für den Handel bestehen für bestimmte gefährliche Chemikalien Abgabevorschriften.
  • Für zahlreiche Stoffe und Stoffgruppen, wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel, Wasch- und Reinigungsmittel, treibhauswirksame Stoffe und anderes, bestehen Beschränkungen und Verbote.
  • Bestimmte risikoreiche Anwendungen, wie zum Beispiel die beruflich-gewerbliche Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Schädlingsbekämpfungsmitteln, Mitteln zur Desinfektion von Badewasser und anderes, sind bewilligungspflichtig (Fachbewilligung).

Da das schweizerische Chemikalienrecht seit 2005 mit dem entsprechenden EU-Recht harmonisiert ist, passt die Schweiz ihre Regelungen periodisch an die Entwicklungen in der EU an, unter anderem durch Übernahme neuer Beschränkungen und Verbote für Stoffe, die in der EU neu als «besonders besorgniserregend» erkannt werden. Die Anpassungen an das EU-Recht gewährleisten ein gleichbleibend hohes Schutzniveau des Umwelt- und Gesundheitsschutzes in der Schweiz.

Inhalte aktualisiert im September 2024.

Indikatoren

Ursachen

Der Austrag von Stoffen in die Umwelt ist durch die beinahe grenzenlose Verfügbarkeit von Chemikalien unvermeidlich. Umweltbelastungen sind aber erst die Folge der Freisetzung von Emissionen bei einer Vielzahl von Anwendungen chemischer Produkte, hauptsächlich in Industrie und Gewerbe, Landwirtschaft, Bau, im privaten Bereich sowie auch durch die unbeabsichtigte Freisetzung infolge von Unfällen oder Havarien.

Der Einsatz von Stoffen und Produkten ist daher immer mit potenziellen Emissionen verbunden. Je nach Verwendungsart oder Entsorgungsweg kann die Anwendung von Chemikalien die Luft, Oberflächengewässer, Grundwasser oder den Boden belasten. Dabei spielen auch die Stoffeigenschaften eine wichtige Rolle.

Die eigentliche Ursache der Relevanz von Stoffen und Produkten ist im weiteren Sinn die technisch-industrialisierte Gesellschaft und deren Abhängigkeit von Chemikalien. Die Nachfrage ist konstant hoch und es kommen laufend neue Produkte auf den Markt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Umweltbelastung und mengenabhängigen Kenngrössen, wie zum Beispiel Importmeldungen, Lagermengen oder Verkaufsmengen, kann aufgrund des Fehlens verlässlicher Daten nicht hergestellt werden. Über den Verbrauch von Chemikalien liegen ebenfalls nur sehr beschränkt Daten vor. Dagegen können die Mengen an Ozonschicht abbauenden Stoffen in Kälteanlagen und in Löschanlagen sowie in der Luft stabilen Stoffen in Anlagen aufgrund der gesetzlichen Meldepflicht als Indikator für die potenzielle Belastung der Luft mit solchen Stoffen dienen.

Belastungen

Umweltbelastungen ergeben sich hauptsächlich als Folge der verschiedenartigen Verwendungen von Stoffen und Produkten.

Die Luft wird vor allem durch die Verwendung von synthetischen Kältemitteln belastet. Diese werden als Ozonschicht abbauende und treibhauswirksame Gase aus Kälteanlagen sowie Autoklimaanlagen freigesetzt. Emissionen in die Luft werden auch durch die Verwendung von Spraydosen verursacht.

Der grösste Teil der chemischen Produkte wird jedoch aufgrund der Verwendungsart mit dem Abwasser abgeleitet und muss deshalb bestimmte Anforderungen an die Abbaubarkeit erfüllen. Viele Chemikalien enthalten aber Inhaltsstoffe in kleinen Mengen, die in der Kläranlage nicht abgebaut werden und auf diesem Weg in Oberflächengewässer gelangen können (z.B. Medikamente oder Nonylphenolethoxylate in Reinigungsmitteln). Bei Reinigungsmitteln zur Verwendung im Aussenbereich (z.B. Steinreiniger oder Fassadenreiniger) ist die Abschwemmung von gelöstem Produkt mit dem Waschwasser praktisch unvermeidlich. Solche Produkte enthalten häufig Aktivchlor, welches bei unkontrollierter Versickerung in natürlichen Gewässern Fischsterben verursachen kann.

Eine weitere Belastung als Folge der Verwendung von Chemikalien betrifft die Umweltkompartimente Boden und Grundwasser, verursacht durch den Einsatz landwirtschaftlicher Hilfsstoffe (Pflanzenschutzmittel und Dünger) sowie von Biozidprodukten (z.B. Antischimmelmittel in Fassadenfarben). Bestimmte Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln und Bioziden können aufgrund der Mobilität rasch in Grundwasserfassungen ausgewaschen werden. Unbestritten ist heute auch, dass die Verwendung von Spritzmitteln in privaten Hausgärten (Insektizide und Herbizide) neben der Landwirtschaft wesentlich zur Gewässerbelastung beitragen.

Zustand

Gesicherte Aussagen über den Umweltzustand sind im Hinblick auf die Vielzahl der Produkte und beteiligten Akteure nicht möglich, noch könnten damit sinnvolle Aussagen über allfällige Auswirkungen gemacht werden. Der aktuelle Zustand im Bereich Stoffe und Produkte wird indirekt über die Belastung der Umweltkompartimente Luft, Oberflächengewässer, Boden und Grundwasser abgebildet.

Punktuelle Messungen erlauben jedoch Aussagen zum Umweltzustand hinsichtlich bestimmter problematischer Stoffe. Die Konzentration der persistenten und toxischen Stoffe PCB, Dioxine und Furane in der Muttermilch hat beispielsweise zwischen 2002 und 2009 in der Schweiz um praktisch die Hälfte abgenommen [1]. Hingegen verursacht die Zunahme der schwer abbaubaren endokrinen Disruptoren (z.B. Phthalte) in der Umwelt eine Verringerung der menschlichen Fertilität [2].

Dank zahlreichen Verbotsbestimmungen und weiteren gesetzlichen Massnahmen (z. B. Pflicht zur Abwasserreinigung) hat sich die Gewässerqualität in den letzten Jahrzehnten signifikant verbessert. Der Eintrag von Mikroverunreinigungen in die Gewässer stellt jedoch immer noch eine Herausforderung dar, weil diese nicht vollständig in Abwasserreinigungsanlagen abgebaut werden. Bei diesen Mikroverunreinigungen handelt es sich vor allem um Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten und Heilmitteln sowie um Inhaltsstoffe aus Reinigungsmitteln und Kosmetika.

Der Zustand der Ozonschicht, die aufgrund des Eintrags von Fluorchlorkohlenwasserstoffen in die Atmosphäre deutlich abgenommen hat, hat sich in den letzten Jahren verbessert. Das Ozonloch wird voraussichtlich erst zwischen 2060 und 2075 verschwinden [3].

In der Region wird die gemäss Gewässerschutzverordnung maximale Pflanzenschutzmittel-Konzentration im Grundwasser von 0.1 µg/l nicht immer eingehalten. Regionale Zustandsindikatoren für die weiteren Umweltkompartimente Luft und Boden sind leider nicht vorhanden.

Auswirkungen

Die Umweltbelastung durch Chemikalien wirkt primär auf die menschliche Gesundheit. Hierbei werden problematische Chemikalien via Nahrung, Inhalation oder Hautkontakt inkorporiert, was zu Gesundheitsbeschwerden führen kann. Verschiedene Schadstoffe mit krebserregender, fortpflanzungsgefährdender oder erbgutschädigender Wirkung wurden in Muttermilch nachgewiesen [4]. Bei diesen problematischen Stoffen handelt es sich zum Beispiel um Pestizidwirkstoffe, Weichmacher für Kunststoffe, polychlorierte Biphenyle sowie Kosmetikinhaltsstoffe. Es ist jedoch unbekannt, wie sich die Belastung durch krebserregende und hormonwirksame Chemikalien genau auf die Gesundheitskosten auswirkt.

Gewisse Pestizidwirkstoffe stehen im Verdacht, für das Sterben von Honigbienen verantwortlich zu sein.

Die breite Verwendung von vollständig halogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen ist für die starke Ausdünnung der Ozonschicht verantwortlich. Die Verwendung von in der Luft stabilen Stoffen trägt hingegen zum Treibhauseffekt bei, weil solche Stoffe eine hohe Aufenthaltsdauer in der Atmosphäre aufweisen.

Massnahmen

Die Belastung der Umwelt durch Chemikalien ist ein globales Problem, weshalb internationale Massnahmen notwendig sind, um die entsprechenden Auswirkungen zu minimieren. Verschiedene internationale Abkommen wurden deshalb durch zahlreiche Staaten, darunter die Schweiz, unterzeichnet, mit dem Ziel, die Schadstoffemissionen zu begrenzen. Die entsprechenden Bestimmungen werden im Schweizer Recht in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung verankert. Das im Rahmen des Montrealer Protokolls veranlasste Verbot der Verwendung von ozonschichtabbauenden Stoffen zeigt bereits Wirkung: Eine Umkehrung des bisherigen Ozonabbau-Trends wurde festgestellt. Weitere nennenswerte internationale Abkommen sind das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe und das Minamata-Übereinkommen zur Reduktion von Quecksilberemissionen.


Auf nationaler Ebene wird seit dem autonomen Nachvollzug des EU-Rechts im Bereich Chemikalien das Aufrechterhalten eines gleichen Niveaus des Gesundheits- und Umweltschutzes zwischen der Schweiz und der EU verfolgt. Durch die Teilübernahme der Bestimmungen aus der REACH-Verordnung ins Schweizer Recht werden zahlreiche besonders besorgniserregende Stoffe verboten, darunter vor allem Stoffe mit CMR-Wirkungen oder mit persistenten oder bioakkumulierbaren Eigenschaften. Bisher wurden seit der Übernahme der EU-Bestimmungen bereits 59 Stoffe verboten. Weitere 241 Stoffe sind in Überprüfung, ob sie verboten werden sollen. Zudem werden in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung weitere Verbote und Beschränkungen aus der REACH-Verordnung übernommen sowie weitere nationale Vorschriften verankert.

Biozidprodukte und Pflanzenschutzmittel sind gemäss Schweizer Recht zulassungspflichtige Produkte, sodass die Anforderungen an die entsprechenden Wirkstoffe behördlich überprüft werden können. Der Bund hat zudem einen Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erarbeitet. Daraus werden neue Verbote und Beschränkungen resultieren.

Auf kantonaler Ebene kontrollieren die zuständigen Vollzugsbehörden die Einhaltung der Bestimmungen der Chemikaliengesetzgebung im Rahmen von Inspektionen und Marktkontrollkampagnen.

Quellen

Weiterführende Informationen

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