Untersuchung von Gewaltbetroffenen (Lebenden)
Die Untersuchung von Gewaltbetroffenen und Tatverdächtigen ist eine zentrale Aufgabe der Forensischen Medizin. Sie umfasst die Untersuchung nach Körperverletzungs- und Sexualdelikten sowie bei Gewalt im Alter und Kindsmisshandlung.
Begutachtung
Grundlage der Begutachtung ist in diesen Fällen stets eine körperliche Untersuchung. Unabhängig von dem Ereignis erfolgt immer eine Ganzkörperuntersuchung («top to toe»). Abhängig vom Ereignis wird die Untersuchung mit einer Spurensicherung kombiniert und durch die Sicherstellung von Blut- und Urinproben für forensisch-toxikologische Analysen ergänzt.
Verletzungsbefunde und andere Auffälligkeiten am Körper sind dabei so umfassend zu dokumentieren, dass man Rückschlüsse auf die Ursache ziehen kann. Auch kleinste Befunde, («Bagatellverletzungen») können für die Rekonstruktion von Ereignissen wichtig sein. Sie werden deshalb genauso detailliert dokumentiert wie schwerwiegendere Verletzungen.
Für die Dokumentation kann ein standardisierter Untersuchungsbogen verwendet werden. Von niedergelassen und klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzte, die sich seltener mit der Befunddokumentation befassen, kann der Untersuchungsbogen auch genutzt werden, um die Anamnese unter forensischen Gesichtspunkten zu erheben. So können sie sich durch die Untersuchung leiten lassen.
Eine gute verbale Beschreibung von Verletzungen ist einem Foto oft überlegen, vor allem wenn dieses nicht die forensischen Anforderungen erfüllt. Die Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM), Sektion Forensische Medizin, hat unter Federführung des Leitenden Oberarztes und des Leitenden Präparators des IRM Basel, das Dokument «Forensische Fotodokumentation» herausgebracht. Die Ärztinnen und Ärzte des IRM Basel werden entsprechend ausgebildet.
In der Regel erfolgen die Untersuchungen von Lebenden im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Das Team der Forensischen Medizin wird aber vor allem von den Spitälern auch zur Untersuchung hinzugezogen. Dies erfolgt vor allem in Zusammenhang mit Sexualdelikten oder zur Mitbeurteilung von Fällen mit fraglicher Gewaltausübung gegen Kinder oder Seniorinnen und Senioren.
Personen, die Gewalt erlebt haben und diese dokumentieren lassen wollen, ohne eine Anzeige zu erstatten, haben grundsätzlich die Möglichkeit, sich in einem Spital vorzustellen. Fallabhängig erfolgt dann die Dokumentation durch die Mitarbeitenden des Spitals oder durch Beizug von Fachpersonen aus der Rechtsmedizin.
Untersuchung nach Sexualdelikten
Hier finden Sie wichtige Schritte, die sofort unternommen werden sollten, sowie hilfreiche Ressourcen für medizinische, psychologische und rechtliche Unterstützung.
Ich habe sexuelle Gewalt erfahren. Was soll ich tun?
Sie befinden sich in einer herausfordernden Situation. Lassen Sie sich unterstützen. Dafür können Sie sich an die Polizei, aber auch die Notfallstationen der Spitäler, Beratungsstellen beziehungsweise die Opferhilfe wenden.
Ich möchte Anzeige erstatten.
Wenn Sie Anzeige erstatten möchten, wenden Sie sich bitte umgehend an die Polizei. Diese wird eine rechtsmedizinische Untersuchung zur Spurensicherung organisieren. Es ist entscheidend, dass diese Untersuchung möglichst zeitnah zum Vorfall erfolgt. Dabei werden Ihre Verletzungen dokumentiert und Spuren wie DNA-Abstriche, Blut und Urin gesichert. Das Institut für Rechtsmedizin erstellt anschliessend ein Gutachten, das in das Strafverfahren einfliesst. Eine Opferanwältin, ein Opferanwalt kann Sie im Verfahren begleiten und beraten.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich Anzeige erstatten möchte.
Es besteht die Möglichkeit, sich rechtsmedizinisch untersuchen zu lassen, ohne dass bereits eine Anzeige erstattet wurde. Nehmen Sie diese Möglichkeit in Anspruch. So ist gesichert, dass Befunde dokumentiert und Spuren gesichert sind, wenn Sie sich später zu einer Anzeigeerstattung entscheiden. Sie nehmen sich damit den Druck, in der Akutsituation diese Entscheidung zu treffen.
Wenden Sie sich möglichst früh nach dem Vorfall an die Notfallstationen der Spitäler, wie das Universitätsspital Basel oder die Frauenklinik, das Kantonsspital Baselland oder das Universitäts-Kinderspital beider Basel. Diese ziehen dann die Ärztinnen und Ärzte der Forensischen Medizin des IRM Basel bei.
Die Untersuchung dient der Befunddokumentation und Spurensicherung, der Behandlung von Verletzungen, der Vorbeugung sexuell übertragbarer Erkrankungen und der Wiederherstellung Ihres Körpergefühls. Sie wird von den klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten gemeinsam mit den Rechtsmedizinern durchgeführt. Alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Das bedeutet, dass gegen Ihren Willen keine Anzeige bei der Polizei erstattet wird.
Was ist nach einem sexuellen Übergriff zu beachten?
- Nicht duschen, baden oder anderweitig reinigen, auch wenn das Bedürfnis danach hoch ist; damit gehen wichtigen Spuren verloren
- Kleidung und Hygieneartikel nicht waschen oder wegwerfen; es könnten sich Spuren vom Vorfall daran befinden.
Wo erhalte ich Soforthilfe und Unterstützung?
Notrufnummern
- Polizei: 117
- Notrufzentrale: 144
- Beratungsstelle für sexuelle Gewalt: 0800 22 55 33
Beratungsstellen und Hilfsangebote
Die Beratung ist unentgeltlich, vertraulich und anonym.
- Kontaktdaten: Wo finde ich Hilfe? – Opferhilfe Schweiz (opferhilfe-schweiz.ch)
- weitere Informationen zu Schutzunterkünften: Schutz – Opferhilfe Schweiz (opferhilfe-schweiz.ch)
Dokumente
- Protokoll der ärztlichen Untersuchung der Blutentnahme.pdf (Startet einen Download)
- Verletzungsdokumentation (Startet einen Download)
Untersuchungsbogen Körperliche Gewalt
- Untersuchung körperliche Gewalt (Startet einen Download)
Leitlinie und Merkblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin SGRM
Kontakt
Institut für Rechtsmedizin
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag:
08.00 - 12.00 Uhr und 13.30 - 16.30 Uhr