Geschichte der Stadt Basel
Von der ältesten Universität der Schweiz über Humanismus und Reformation, von der Seidenbandindustrie bis zu den Life Sciences, vom Kirchenkonzil bis zum Ersten Zionistischen Weltkongress – Basel blickt auf eine lange und reiche Geschichte zurück.
Hauptquelle: Historisches Lexikon der Schweiz
Faustkeil, Rauriker und Römer
Die ersten Siedlungsspuren in Basel stammen aus der mittleren Altsteinzeit (vor rund 130 000 Jahren). In der Bronze- und der Eisenzeit zeichnen sich die Rheinufer, die Alte Gasfabrik (heute Novartis Campus) und der Münsterhügel als Siedlungsschwerpunkte ab. Letzteren befestigen die Kelten (Rauriker) im ersten vorchristlichen Jahrhundert mit dem Murus Gallicus, dessen Überreste beim Münster zu sehen sind. Am selben Ort gründen die Römer die Colonia Raurica, die sie im 3. Jh. zum Kastell ausbauen.
Römisches Basel
Die Romanisierung der Region setzt erst mit der Kolonie Augusta Raurica («Römerstadt» Augst BL) unter Kaiser Augustus ein. Nach dem Rückzug der römischen Truppen siedelt die romanische Bevölkerung im Kastell, während sich die Alemannen nördlich des Rheins, aber auch in Augst ausbreiten. Erstmals schriftlich fassbar wird der Name «Basel» im Jahr 374, als sich Kaiser Valentinian I. am Rheinknie aufhält.
Im 7. Jh. ist ein Bischof von Augst/Kaiseraugst und «Basileae» erwähnt. Als 917 ungarische Reiterstämme die Stadt heimsuchen und das karolingische Münster zerstören, kommt der Bischof um. Den Grundstock für die Macht des Bischofsstaats legen Schenkungen Ende des 10. Jh. Bald darauf stösst die Stadt zum Heiligen Römischen Reich.
Basel im Mittelalter
Münster, Rheinbrücke und Zünfte
Die Bischöfe von Basel erwerben die Gunst der Kaiser, wovon die Stiftung des heutigen Münsters (1019 geweiht) durch Heinrich II. zeugt. Die Stadtherrschaft – Gerichtsrechte, Steuergewalt, Kontrolle über Markt, Münzwesen, Masse und Gewichte etc. – übt der Fürstbischof von Basel mittels Beamten aus dem Adelsstand aus.
Im 13. Jh. lässt er eine Rheinbrücke errichten und dehnt seine Herrschaft auf Kleinbasel aus, das 1392 mit Grossbasel vereinigt wird. Gleichzeitig sichert sich die Gemeinde in teils gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem Fürstbischof eine erhebliche Autonomie. Bürgermeister, Oberstzunftmeister und Rat bilden nun die städtische Obrigkeit, die das ganze öffentliche Leben lenkt.
Indem die Stadt die Herrschaft des Bischofs weitgehend beseitigt, gelingt es ihr auch, die politischen Ansprüche Habsburgs abzuweisen. Sichtbaren Ausdruck findet der politische und wirtschaftliche Aufstieg in repräsentativen Bauten: ein neues Rathaus (um 1340), das Zeughaus, der Lohnhof, das Spital sowie Zunfthäuser.
Als die Pest Europa überzieht, bleibt Basel nicht verschont: 1349 bricht die Seuche aus und reisst viele in den Tod. Die Ursache sucht die Bevölkerung bei den Juden und verbrennt sie allesamt.
Sieben Jahre später ereignet sich ein starkes Erdbeben. Besonders die ausbrechenden Feuersbrünste richten gewaltigen Schaden in der Stadt an. Bereits wenige Jahre später umgibt die Äussere Stadtmauer die Stadt, die auch die neu errichteten Vorstädte mit einbezieht: Das St. Johannstor, das Spalentor und das St. Albantor sowie die Stadtmauer im «Dalbeloch» sind bis heute erhalten.
Konzil, Universität und Eidgenossen
Im ausgehenden Mittelalter füllt das Kirchenkonzil (1431–1448) die Rheinstadt mit hohen Würdenträgern und fremden Menschen. Einer von ihnen stiftet 1460 als Papst Pius II. in Basel die erste Universität der heutigen Schweiz.
In wirtschaftlicher Hinsicht dienen zwei Jahrmärkte oder Messen dem Fernhandel und werden durch ein Messeprivileg des Kaisers anerkannt (1471). Aussenpolitisch erlaubt die Selbstständigkeit vom Bischof der Stadt eine aktive Bündnis- und Territorialpolitik, die 1501 zum Anschluss an die Eidgenossenschaft führt.
Humanismus, Buchdruck und Reformation
Am Übergang zur Neuzeit kommen Gelehrte wie Erasmus von Rotterdam und Künstler wie Hans Holbein oder Albrecht Dürer in die Stadt. Erasmus verlegt seine Hauptwerke beim innovativen Buchdrucker Johannes Froben. Eine Voraussetzung dafür schafft das ab 1433 in Basel heimische Papiergewerbe, das mit der Familie Gallizian um 1500 zur Blüte kommt.
Zwischen 1521 und 1529 setzt sich das Regiment der fünfzehn Zünfte durch. Die alte Führungsschicht der Adelsfamilien und die von ihren Renten lebenden Achtburger verlieren ihren politischen Einfluss. Den neuen Glauben, dem 1529 wesentlich die Zünfte zum Durchbruch verhelfen, verbreitet in Basel vor allem der Reformator Johannes Oekolampad. Die Obrigkeit schliesst die Klöster und zieht deren Güter ein, die konvertierte Bevölkerung vernichtet im «Bildersturm» die Symbole des katholischen Glaubens.
Basel ist ein zentraler Ausgangs- und Ausstrahlungspunkt für die weit über die Schweiz und Oberdeutschland hinausreichende Wirkung der Reformation. Von Basel gehen Impulse der reformatorischen Bewegung in unterschiedliche europäische Länder aus. Dieser Bedeutung Basels als europäisches Zentrum der Reformation entspricht es, dass Basel seit 2018 offiziell den Titel "Reformationsstadt Europas" tragen darf.
Basel im 16. und 17. Jahrhundert
Immigranten, Seidenband und Souveränität
Ab der Mitte des 16. Jh. wandern aus Oberitalien und Frankreich insbesondere Glaubensflüchtlinge zu, darunter namhafte Vertreter der Seidengewerbe. Neben dem Handel betreiben sie die Spinnerei, Färberei und Weberei, lassen auf der Landschaft Leute im Verlagssystem Seidenbänder herstellen und exportieren diese. In der Folge entwickelt sich Basel zu einem internationalen Zentrum der Seidenbandindustrie. Sie beherrscht die Stadt bis ins 19. Jh. hinein, ergänzt von einem vielfältigen Grosshandel mit Tuchen, Baumwolle, Eisen und Kolonialwaren.
Umfangreiche Kommissions- und Bankgeschäfte sichern Basel einen zunehmend bedeutenderen Platz im internationalen Handel. Dank ihrem Erfolg steigen manche Glaubensflüchtlinge bereits im 17. Jh. in die Oberschicht auf. Am Friedenskongress nach dem Dreissigjährigen Krieg vertritt der Basler Bürgermeister Johann Rudolf Wettstein die Eidgenossenschaft und erreicht, dass 1648 die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft vom Deutschen Reich und deren völkerrechtliche Souveränität anerkannt werden – der Ursprung der schweizerischen Neutralität.
Oligarchie, Aufklärung und Gemeinnutz
Zur Zeit des «Ancien Régime» übernimmt auch Basels Elite die französische Lebensart und Sprache. Basler Kaufleute eröffnen Handelsniederlassungen in Lyon, Nantes oder Bordeaux. Die führenden Familien lassen sich Stadtpaläste nach französischem Vorbild errichten (so das «Weisse» und «Blaue Haus») und kleiden sich nach französischer Gepflogenheit. Auch orientiert sich die städtische Politik an der absoluten Staatsmacht des «Sonnenkönigs»: Die Basler Republik nähert sich einer Oligarchie («Herrschaft der Wenigen») mit absolutistischer Ausrichtung an.
Denken und Wissenschaft beginnen sich im Europa des ausgehenden 17. Jh. grundlegend zu wandeln. Die Erkenntnis erringt allmählich die Vormacht vor dem religiösen Dogma. Entscheidend für die neue, rationale Welt der «Aufklärung» ist die Mathematik, in der sich die Basler Gelehrtenfamilie Bernoulli auszeichnet und neun herausragende Mathematiker und Physiker hervorbringt. Daneben lehrt ein weiteres Basler Genie, Leonhard Euler, Mathematik in St. Petersburg und Berlin.
Publizistisch ragt im Basel des 18. Jh. die Tätigkeit von Isaak Iselin heraus. Seine philanthropischen Ideen stehen hinter der 1777 gegründeten «Gesellschaft zur Aufmunterung und Beförderung des Guten und Gemeinnützigen» (GGG). Ebenfalls von Iselin initiiert, eröffnet 1787 die Basler Lesegesellschaft einem engeren Kreis die Auseinandersetzung mit den Ideen der Zeit.
Basel im 18. und 19. Jahrhundert
Revolution, Mission und Kantonstrennung
Das 18. Jh. festigt die beherrschende Stellung der Kaufleute, Bankiers und Bandfabrikanten in Politik und Gesellschaft. Eine Gruppe reicher Geschäftsleute führt die Stadt mit Erfolg bis zum Umsturz der politischen Verhältnisse in der Helvetik. Als sich 1798 die Helvetische Revolution von Basel und der Waadt aus ausbreitet, geht die alte Eidgenossenschaft mit ihren städtischen Obrigkeiten und Untertanengebieten im Kampf gegen die französischen Revolutionstruppen unter (Franzoseneinfall).
Während der Basler Staatsmann Peter Ochs in Paris eine Verfassung für die Eidgenossenschaft ausarbeitet, beginnen die Franzosen mit der Ausplünderung und dem politischen Umbau der besetzten Gebiete. Dadurch wird die Bevölkerung der Landschaft Basel rechtlich der Stadtbevölkerung gleichgestellt.
Zu Beginn des 19. Jh. zieht Napoleons Wirtschaftskrieg gegen England in Basel vor allem die Seidenbandindustrie in Mitleidenschaft. Es gibt aber auch Unternehmer, die von der preistreibenden Wirkung der «Kontinentalsperre» profitieren, wie Christoph Merian-Burckhardt, der ein riesiges Vermögen anhäuft. Sein gleichnamiger Sohn gründet damit die Christoph Merian Stiftung. Ebenfalls bis heute wirkt eine weitere einflussreiche Institution, die 1815 gegründete Basler Mission, die mit Kirchen in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa zusammenarbeitet.
Politisch und finanziell folgenschwer ist die Kantonstrennung: 1833 spaltet sich der Kanton Basel nach kriegerischen Auseinandersetzungen in die beiden Halbkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft.
Industrialisierung, Finanzplatz und Zionismus
Im 19. Jh. verändern Verkehr und Industrialisierung Basel: 1832 legt hier erstmals ein Dampfschiff an. Acht Jahre später fährt auf der Strecke Saint-Louis–Basel die erste Eisenbahn in der Schweiz, für die 1845 innerhalb der Stadtmauern ein Bahnhof eröffnet wird. Bald fahren täglich Züge nach Paris und Frankfurt.
Im Wirtschaftsleben gelten bis 1871 für die meisten Handwerke noch zünftische Schranken. Nur die Industrie kann ohne diese Hindernisse produzieren. Entscheidende Schritte zur fabrikindustriellen Produktion stellen der Anschluss von Bandwebstühlen an ein Wasserrad und die erste Dampfmaschine in der Schappe-Spinnerei dar.
Schliesslich wird Basel in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zur grössten Industriestadt der Schweiz. Als moderner Finanzplatz gewinnt die Stadt mit den Gründungen des Schweizerischen Bankvereins (SBV) und der bis 1996 tätigen Börse internationale Bedeutung. Weltgeschichte schreibt 1897 der Erste Zionistische Weltkongress in Basel, der den Prozess zur Gründung des Staates Israel anstösst.
Basel im 20. und 21. Jahrhundert
Rheinschifffahrt, Chemie und Handel
Zwischen der Kantonstrennung und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs entwickelt sich Basel von einer mauerbewehrten Kleinstadt zu einer mittelgrossen Industriestadt. Der moderne Güterverkehr setzt auf dem Oberrhein (bis Schweizerhalle) 1904 ein und gipfelt im Bau des Rheinhafens St. Johann und der beiden Hafenbecken in Kleinhüningen.
Während Jahrzehnten bietet der Handel am meisten Arbeitsplätze, allen voran der Detailhandel (Coop). Um den Absatz schweizerischer Erzeugnisse zu fördern, findet in Basel 1917 erstmals die Mustermesse statt, aus der die Messe Basel mit ihren zahlreichen Fachmessen hervorgeht.
Die inzwischen wichtigste Branche, die chemisch-pharmazeutische Industrie, nimmt mit der Drogenhandlung J. R. Geigy (ab 1758) bzw. mit der Anilinfarbenproduktion Alexander Clavels (ab 1859) ihren Anfang. Seither ist ein Konzentrationsprozess in Gang, der die Weltkonzerne Ciba-Geigy und Sandoz – 1996 zu Novartis zusammengeschlossen – sowie Roche (gegründet 1896) herausgebildet hat.
Flughafen, Life Sciences und Architektur
Wegen der geografisch begrenzten Reichweite seiner politischen Entscheide wird im 20. Jh. für den Kanton Basel-Stadt die Zusammenarbeit in der Regio Basiliensis zunehmend wichtiger. Gegen Ende des Jahrhunderts hält die Biotechnologie (Life Sciences) Einzug in der Region. Der binationale Flughafen Basel-Mulhouse (heute EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg) gewährleistet ab 1946 Verbindungen in alle Welt.
Neben der Luftfahrt und der Rheinschifffahrt erlangt 1991 als grösste private Gruppe im Verkehrssektor die Spedition mit Danzas (heute DHL) und Panalpina volkswirtschaftliche Bedeutung. Als die Schweizerische Bankgesellschaft und der Schweizerische Bankverein 1998 zur UBS fusionieren, wird Basel – zusammen mit Zürich – Hauptsitz eines der weltweit führenden Finanzinstitute. Politisch wird 1992 die Zugehörigkeit zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf nationaler Ebene von Volk und Kantonen abgelehnt. Basel-Stadt stimmt jedoch mit der französischen Schweiz zusammen dafür.
Als kulturelle Meilensteine des 20. und 21. Jahrhunderts dürfen die Gründung der Basler Orchester-Gesellschaft (1921) und der Schola Cantorum Basiliensis (1933) für alte Musik sowie der Neubau des Kunstmuseums (1936, 2015) und dessen Sammlungsentwicklung zu einem der international bedeutendsten Museen seiner Art, ferner die Fondation Beyeler in Riehen (1997) und das Schaulager in Münchenstein (2003) gelten.
Im Sport zeichnet sich Basel besonders durch das weltbekannte Tennisturnier Swiss Indoors (seit 1970) und den FC Basel (gegründet 1893) aus. Dessen multifunktionales Stadion «St. Jakob-Park» – entworfen von Herzog & de Meuron – trägt 2001 dem Basler Architekturbüro den Pritzker Prize ein, die international renommierteste Auszeichnung für Architekten. So erwirbt Basel um die Jahrtausendwende den Ruf einer führenden Architekturmetropole.
Das Basler Wappen
Der Baselstab ist eine stilisierte Nachbildung des Krummstabs der Bischöfe. Papst Julius II. belohnt 1512 die eidgenössischen Stände für ihre Hilfe bei seinem Krieg gegen Frankreich. Den Baslern erteilt er das Privileg, künftig einen goldenen Baselstab in ihrem Wappen zu führen, wie er heute noch im Chor der Leonhardskirche zu sehen ist. Wohl mit der Reformation 1529 kehrt Basel zum schlichten, schwarzen Baselstab zurück.