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Denkmalpflege: Nachhaltig zukunftsorientiert seit jeher

Denkmalpflege ist schon immer eine höchst zukunftsorientierte Strategie gewesen. Indem sie sich für Wiederverwertung und Weiterverwendung, ein Weiterbauen im, mit oder aus dem Bestand einsetzt. Das schont Ressourcen, sichert identitätsgebende Baukultur in der Gegenwart und führt sie in die Zukunft. Die Denkmalpflege kann also mit gut erprobten Rezepten aufwarten, die nachhaltiges Handeln nicht nur propagieren, sondern auch umsetzen können.

Auf dem Weg zu einer – umfassend und nicht reduktionistisch aufgefassten – nachhaltigen Baukultur ist die Denkmalpflege sozusagen Avantgarde: Denn keine Massnahme im Kreislaufdenken ist auch nur annähernd so ressourcen- und klimaschonend wie die konsequente Weiternutzung der bestehenden Bausubstanz. Das hat nichts mit dem Einfrieren bedeutender historischer Bauten oder eines althergebrachten Orts- oder Stadtbilds zu tun. Vielmehr geht es um die Bedeutung von Baudenkmälern in einem gesamtgesellschaftlichen Sinn: Sie schaffen Identität, sorgen für Wiedererkennung und Orientierung. Baudenkmäler stehen hier als kulturelle Errungenschaften, die auf bestimmte Traditionen und Erfahrungen verweisen und die diesen Wert als Anschauungsmaterial für die Zukunft behaupten. Sind bei schützenswerten Objekten Veränderungen oder eine Weiterentwicklung geplant, so steht daher an erster Stelle eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Bestand. Vielfach zeigt sich dabei, dass nur minimale Eingriffe oder Optimierungen schon zu einer wesentlichen Verbesserung bspw. der energetischen Gesamtbilanz führen können. Immer wieder offenbart sich auch die Langlebigkeit von Bauteilen oder (reparaturfähigen) baulichen Lösungen, die in rüstigen Altbauten entdeckt werden; hier können oft einfache Ertüchtigungsmassnahmen zur ressourcenschonenden Weiterverwendung des Bestands führen. Dass damit auch die restauratorischen und handwerklichen Fertigkeiten gepflegt und gefördert werden, ist ein willkommener Nebeneffekt.

Reihenhäuser mit Garten und Treppe in Schwarzweissfotografie.
WOBA-Siedlung Eglisee, 1930. Häuserzeile Am Bahndamm 17–27 (Hans Bernoulli, August Künzel)
© Ochs-Walde
Wohnzimmer mit gelbem Sofa und Ofen, Treppe im Hintergrund.
Wohnraum im 2018/19 durch den Verein «Ein Haus WOBA» restaurierten Haus Im Surinam 126 (Paul Artaria, Hans Schmidt)
© Armin Schärer

Als aktuelles Beispiel aus der Praxis sei hier die Siedlung der Wohngenossenschaft Eglisee im Hirzbrunnen-Quartier aufgeführt, die anlässlich der 1. Schweizerischen Wohnungsausstellung Basel (WOBA) 1930 errichtet wurde. Die Siedlung darf als eines der radikalsten Wohnexperimente des Neuen Bauens in der Schweiz gelten. Hier demonstrierten 13 Schweizer Architekturbüros, wie neues, kostengünstiges und hygienisches Wohnen für Arbeiterfamilien aussehen sollte; und lieferten damit einen höchst überzeugenden Beitrag zum Thema «Die Wohnung für das Existenzminimum», wie es am zweiten CIAM-Kongress 1929 in Frankfurt am Main international diskutiert wurde. Anfang 2024 erfolgte die (längst überfällige) Unterschutzstellung der Siedlung mit einvernehmlichen Schutzverträgen zwischen der WG Eglisee und der Denkmalpflege als Vertreterin des Kantons. Festgehalten sind darin der denkmalgerechte Umgang mit der Siedlung, mögliche bauliche Eingriffe im Bestand und die Einrichtung von Zeugniswohnungen, wie dies bereits mit den Restaurierungen einer 2-Zimmer-Wohnung im Mehrfamilienhaus von Adolf Kellermüller und Hans Hofmann und einem Haus von Paul Artaria und Hans Schmidt durch den Verein «Ein Haus WOBA» beispielhaft erfolgt ist. Die
Unterschutzstellung beinhaltet aber auch die Möglichkeit der baulichen Weiterentwicklung der Siedlung, was dem expliziten Wunsch der Genossenschaft entspricht.

Nach einer Machbarkeitsstudie im Zeichen von baulicher Nachverdichtung und dem zukunftstauglichen Umgang mit Ressourcen wurde sodann ein «Kollektives Workshopverfahren» mit geladenen Architekturbüros lanciert, um innovative Lösungsansätze zur baulichen Weiterentwicklung zu erarbeiten. Gefordert wird dabei «ein ganzheitlicher Ansatz, der die Geschichte der bestehenden Siedlung respektiert – und dennoch zukunftsweisend ist». Der durch einen sach- und fachkundigen Architekten im Auftrag der Genossenschaft geleitete und von einem Expertinnen- und Expertengremium begleitete Prozess soll über einen Bebauungsplan zum konkreten Bauprojekt führen, das pünktlich zum 100-Jahr- ubiläum der Siedlung 2030 fertiggestellt sein könnte. Wenn es tatsächlich «radikal, ökologisch und preisgünstig» ausfallen wird, dann schreibt es den visionären Duktus der Siedlung von 1930 weiter. Wir dürfen gespannt sein!


Autor: Klaus Spechtenhauser, S&A, Kantonale Denkmalpflege

Städtebau & Architektur

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