Im Sommer 2013 hat das Basler Stimmvolk den Gegenvorschlag zur Familiengarteninitiative angenommen. Dieser garantiert, dass bei künftigen Zonenplanrevisionen mindestens 80% (40 ha) der Freizeitgärten auf Basler Boden erhalten bleiben.

Seither wurden die Gartenareale zurückgebaut. Die heute noch auf dem Gebiet von Basel-Stadt bestehenden Anlagen befinden sich nahezu vollständig in der Freizeitgartenzone und sind durch das Freizeitgartengesetz geschützt.

Die Lage der Areale mitten in einer dynamischen Stadt erlaubt allerdings keinen Stillstand. An ihren Ausläufern entstehen neue Wohnungen, Tramlinien, Velowege und andere Infrastrukturelemente. Und auch auf ihrem Gelände selbst kommt es zu Veränderungen, durch Wechsel bei der Pächterschaft sowie durch veränderte Bedürfnisse und Interessen. Gleichzeitig schwindet das Garten- und Handwerkswissen der Freizeitgärtnerinnen und -gärtner, teilweise müssen innerhalb eines einzigen Grundstücks ganze Bereiche erneuert werden. Deshalb bieten sich aktuell auch Chancen für Modernisierungen, Innovationen oder neue Gartenformen. Letztere richten sich an ein Publikum, das mit weniger Fläche und Gartenarbeit glücklicher ist.

Die heutige Zeit birgt zahlreiche globale Herausforderungen, darunter den Klimawandel und den Artenschwund. Unerwartet plötzlich ist auch die Lebensmittelsicherheit wieder omnipräsent. In ihren Leitsätzen zeigt die Freizeitgartenstrategie direkte Anknüpfungspunkte zu übergeordneten Strategien wie der Biodiversitätsstrategie, dem Stadtklimakonzept und dem Massnahmenpaket nachhaltige Ernährung. Und sie macht deutlich, dass die Gartenparzellen eine wichtige Rolle spielen, die weit über ihre Funktion als Erholungsort hinausgeht. 

Die Vision

Die Basler Freizeitgartenareale sind wertvolle und unverzichtbare Elemente im Grün- und Freiraumgefüge von Stadt und Siedlungsraum – als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, als Begegnungszone für die Quartierbevölkerung, als Lernort für ein ökologisches Bewusstsein, als Nahrungsquelle für Mensch und Tier.

Die Leitsätze

1. Freizeitgartenareale tragen zur Verbesserung des städtischen Freiraumangebots bei und sind gesichert (Planerische Ebene, kantonsbezogen)
2. Freizeitgartenareale sind attraktive Begegnungsorte für alle (Organisatorische Ebene, arealbezogen)
3. Freizeitgartenareale sind strukturreiche und vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen und wichtige Bestandteile des Biotopverbundsystems (Ökologische Funktion)
4. Freizeitgartenareale tragen zur Umweltbildung bei (Umweltbildungsfunktion)
5. Freizeitgartenareale unterstützen eine nachhaltige Ernährung (Ernährungsfunktion)
6. Freizeitgartenareale erfüllen wichtige Klimafunktionen für die Stadt und erhöhen die Lebensqualität im Quartier (Klimafunktion)

Die ersten beiden Leitsätze ergeben sich direkt aus dem Gesetz. Punkt 1 thematisiert die Flächensicherung, Punkt 2 die Renovierung der Arealinfrastruktur, darunter auch Spielplätze, Toiletten und Wege, welche Pächterschaft sowie Spaziergängerinnen und Spaziergänger gemeinsam benutzen.

Die Arealfunktionen zeigen auf, welche Kriterien die Freizeitgärten bereits heute erfüllen und wie diese in der Zukunft herausgearbeitet werden sollen. Als Beispiele dienen das Projekt «Willkommen Gartenrotschwanz» unter Leitsatz 3 oder das neue Kursprogramm der Gartenberatung unter Leitsatz 5.

Im Zusammenhang mit dem Freizeitgartenverein Milchsuppe kam die Freizeitgartenstrategie des Kantons Basel-Stadt erstmals zur Anwendung. Hintergrund war die Überbauung eines Teilstücks des Areals an der Burgfelderstrasse mit einem grossen Wohnhaus. Mit Blick auf die Leitsätze wurde die natürliche Hangkante herausgearbeitet. Am Steilhang wurde eine Magerwiese angelegt, die fortan von Schafen beweidet wird. Der Einsatz von Tieren steigert die Biodiversität erheblich. Zudem haben Passantinnen und Passantinnen Freude daran, sie zu beobachten. Weiter wurde im Talbereich ein neuer Gemeinschaftsgarten eingerichtet. Zu diesem gehören mehrere Grossbeete zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung, Wasseranschlüsse und Werkzeugtruhen. Und es wurden Obstbäume gepflanzt, deren Früchte leicht geerntet werden können.

Der Spielplatz wurde mit attraktiven und sicheren Spielgeräten ergänzt, mittlerweile gibt es auch eine moderne Toilette. Zudem hat man den Verein dabei unterstützt, seine Beiz für die Allgemeinheit zu öffnen.

Die Pflege der Komponenten, die seit der Umgestaltung als öffentlich gelten, übernehmen kantonale Stellen. Die Gartenlandschaft wurde in das übergeordnete Wegesystem des Burgfeldenparks einbezogen. Seither werden der Hauptweg und die umliegenden Spazierwege sowohl von Freizeitgärtnerinnen und Freizeitgärtnern als auch von Spaziergängerinnen und Spaziergängern genutzt. 

Im Winter 1940 ist Krieg in Europa. Lebensmittel sind knapp, viele Menschen haben Hunger - auch in der Schweiz. Der Bundesrat ruft zur Anbauschlacht im ganzen Land. In Basel lanciert der Regierungsrat im November 1940 die Kampagne «Us aigenem Bode. Basler Aktion für Mehranbau».

Per Gesetz verpflichtet die Regierung die Bevölkerung, alles zu Verfügung stehende Land «zweckentsprechend zu bebauen und dessen Produktionskraft voll auszunützen». Die vom Kanton verpachteten Kleingärten sind zu mindestens einem Drittel mit Kartoffeln zu bepflanzen.

Es bleibt nicht beim Erlass eines neuen Gesetzes. Die Regierung ermuntert die Menschen zur Gartenarbeit, verteilt kostenlos Saatgut und organisiert Vorträge übers Gärtnern. Zusätzlich verschickt die Stadtgärtnerei eine Serie von Merkblättern, damit sich die Baslerinnen und Basler «in der kommenden Notzeit» selbst helfen können.

Der eigene Anbau ist in der Zeit des zweiten Weltkriegs für viele Menschen in Basel eine Notwendigkeit. Sie leben in engen Verhältnissen, verdienen wenig oder haben ihre Stelle verloren. Ohne Gemüse aus dem eigenen Garten kämen sie nicht über die Runden. Davon zeugt die umfangreiche Korrespondenz, die im Archiv der Stadtgärtnerei abgelegt ist. Immer wieder entzieht die Behörde einer Pächterin oder einem Pächter einen Garten mit dem Hinweis, dass man sich unproduktive Gärten nicht leisten könne, die Warteliste sei lang.

Nach den kargen Kriegsjahren verbessert sich die Versorgungslage und die Anzahl der Gartenparzellen geht zurück. Die «Staatliche Pflanzlandkommission» wird zur «Staatlichen Kommission für Familiengärten». Es geht nicht mehr hauptsächlich um Selbstversorgung, sondern um Erholung. Rasenflächen, Ziersträucher, Blumen und eine Grillstelle gehören nun in fast allen Gärten dazu.

Im Rahmen der Globalisierung mit ihren vielfältigen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung werden Pachtgärten weniger nachgefragt. Infolgedessen werden bei der Zuteilung eines Gartens mehr ausländische Interessentinnen und Interessenten berücksichtigt. Im Vordergrund stehen Erholung und Bewegung. Dementsprechend werden die Parzellen 2009 in «Freizeitgärten» umgetauft.

Bereits in den 1990er Jahren findet der biologische Anbau Einzug in die Gartenordnung. Die Pächterinnen und Pächter werden durch Kampagnen über die Gefährlichkeit von Pestiziden informiert. 1996 wird eine Positivliste für biologischen Anbau in Kleingärten eingeführt, die bis heute über die zugelassenen Mittel informiert.

Im Mai 2011 nehmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger den umformulierten Gegenvorschlag zur «Initiative zum Schutz von Basler Familiengartenarealen» an. Um deren Vorgaben zu erfüllen, erarbeitet das Bau- und Verkehrsdepartement ein Freizeitgartengesetz. Dieses besagt, dass im Stadtgebiet von Basel 80 % (40 ha) der Gärten erhalten bleiben und in Freizeitgärten umgezont werden sollen. Zudem sollen im Kanton Basel-Landschaft und in Frankreich weitere 42 ha dauerhaft gesichert werden. Im Gegenzug werden die Areale für die breite Öffentlichkeit attraktiver gestaltet. Das Gesetz tritt 2013 in Kraft und geht 2021 in Revision, um effizientere Verwaltungsabläufe und klare Rollenzuteilungen in der Zusammenarbeit mit den Vereinen zu ermöglichen.