Regierungsrat kommt mit Gegenvorschlag der Initiative "Ja zum Dialekt" entgegen
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat möchte im Schulgesetz festschreiben dass der Kindergarten-Lehrplan für Dialekt und Standarddeutsch gleichwertige Lernziele enthalten muss. Die Aufteilung von Dialekt und Standardsprache im Unterricht soll weiterhin auf der Ebene des Lehrplans geregelt werden. Die Regierung reagiert damit auf die Volksinitiative "Ja zum Dialekt" die darauf abzielt für den Kindergarten den Dialekt als Unterrichtssprache im Schulgesetz zu verankern. Dem Grossen Rat wird beantragt die Initiative der "IG Dialekt" zur Ablehnung zu empfehlen und den regierungsrätlichen Gegenvorschlag zusammen mit der Initiative zur Abstimmung zu bringen.
Seit Beginn des Schuljahres 2009/10 unterrichten alle Kindergartenlehrpersonen mindestens zu 50 Prozent in Standarddeutsch. Auf den gleichen Zeitpunkt hin hat der Erziehungsrat beschlossen, die Pflege des Dialektes erstmals in den Kindergartenlehrplan aufzunehmen. Den Kindern steht es - anders als im Unterricht auf den übrigen Stufen der Volksschule - während der ganzen Unterrichtszeit frei, ob sie sich in Dialekt oder Standardsprache ausdrücken wollen.
Mit der Verwendung von Standarddeutsch und Dialekt werden bereits im Kindergarten Grundlagen für ein vertieftes Hör- und Sprachverständnis gelegt und eine Sensibilisierung für das Erleben weiterer Sprachen erreicht. Hochdeutsch wird dabei ganz selbstverständlich zu einer Sprache der Verständigung und des Spiels. Die Verwendung von Standardsprache leistet zudem einen Beitrag zur Verbesserung der Bildungschancen von Kindern aus bildungsfernem und migrationsgeprägtem Elternhaus. Dem legitimen Anliegen, Kinder im Kindergarten mit dem kulturellen Erbe von Basel und dem einheimischen Dialekt vertraut zu machen, wurde mit der neu aufgenommenen Verpflichtung der Lehrpersonen zur Dialektförderung im Lehrplan Rechnung getragen.
Gut erprobte Praxis
Die aktuelle Regelung basiert auf den Erfahrungen, die in den Jahren 2006 bis 2008 bei der Erprobung in 31 Basler Kindergärten gesammelt wurden. Seit März 2010 liegt zudem ein unabhängiger Bericht der Linguistin Rahel Sacco-Wolber vor, der sich nach differenzierter Abwägung der Vor- und Nachteile für eine Beibehaltung der jetzigen Aufteilung von Dialekt und Standardsprache im Kindergarten ausspricht. Um zu verhindern, dass Dialekt im Kindergarten auf eine "Lieder- und Värslisprache" reduziert wird, schlägt die Sprachexpertin vor, im Lehrplan nicht nur für Standarddeutsch, sondern auch für Dialekt einen Mindestanteil im Unterricht festzusetzen.
Anderer Meinung sind die Initiantinnen und Initianten der Volksinitiative "Ja zum Dialekt", die im Januar 2009 mit 5072 gültigen Unterschriften eingereicht worden ist. Sie möchten den Dialekt als Unterrichtssprache in den ersten beiden Jahren nach der Einschulung im Schulgesetz festschreiben und die Förderung in Hochdeutsch auf definierte Sequenzen beschränken. Der Regierungsrat lehnt eine solche Änderung des Schulgesetzes ab und beantragt deshalb dem Grossen Rat, die Initiative "Ja zum Dialekt" den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Verwerfung zu empfehlen. Mit der in der Initiative geforderten Beschränkung von Hochdeutsch auf einzelne Sequenzen lässt sich das angepeilte Sprachförderziel nicht erreichen, die Standardsprache als lebendige und positiv besetzte Umgangssprache zu etablieren. Zudem findet es die Regierung falsch, didaktische Regelungen wie die Festlegung der Unterrichtssprache im Schulgesetz festzuschreiben, da so die laufende Harmonisierung der kantonalen Lehrpläne im Lehrplan 21 behindert würde.
Erziehungsrat soll Zeitanteile definieren
In einem Gegenvorschlag schlägt die Regierung deshalb vor, die Frage der Unterrichtssprache wie bis anhin nicht direkt im Schulgesetz, sondern auf der Ebene der Lehrpläne zu regeln. Die Konkretisierung der Lehrpläne und insbesondere die Festlegung von Zeitanteilen für Dialekt und Standardsprache im Kindergarten fällt in den Zuständigkeitsbereich des Erziehungsrates. Als Leitlinie soll neu in Paragraph 68 des Schulgesetzes explizit festgehalten werden, dass der Kindergarten-Lehrplan im Bereich Sprachen für Dialekt und Standarddeutsch gleichwertige Lernziele zu enthalten hat. Der Erziehungsrat wird dabei zu prüfen haben, ob auch für den Dialektgebrauch ein Mindestanteil festzulegen ist. Damit die Kinder im Hinblick auf den späteren Schriftgebrauch solide Vorkenntnisse und eine positive Haltung zum Standarddeutsch als Umgangssprache entwickeln können, wird es aber aus lernpsychologischen Gründen eine leicht privilegierte Stellung gegenüber dem Dialekt behalten.