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Tageschulinitiative überfordert Möglichkeiten des Kantons

Medienmitteilung

Regierungsrat

Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat die Initiative "Tageschule für mehr Chancengleichheit" ohne Gegenvorschlag und mit der Empfehlung auf Ablehnung an die Urne zu bringen. Viele Forderungen der Initiative sind in der Zwischenzeit erfüllt worden. Der Grosse Rat hat am 19. Mai die Tagesstrukturen im Schulgesetz verankert und ihr Ausbau ist und bleibt ein Politikschwerpunkt des Regierungsrates. Das Ausbautempo welches die Initiative verlangt und die Forderung dass die Eltern die Betreuungsangebote unentgeltlich beanspruchen können würden aber die finanziellen Möglichkeiten des Kantons und die Entwicklungskapazität der Schule überfordern.

Ab dem kommenden Schuljahr stehen im Kanton Basel-Stadt für die neun ersten Jahrgänge der Volksschule (Kindergarten bis Orientierungsschule) knapp 2500 subventionierte Plätze in familienexternen Betreuungsangeboten wie Tagesheimen, Tagesschulen und Mittagstischen zu Verfügung. Bei insgesamt 11250 Schülerinnen und Schülern entspricht dies einer Betreuungsquote von gut 22 Prozent. Der Ausbau erfolgt zurzeit beschleunigt. Im kommenden Schuljahr werden circa 220 neue Plätze geschaffen. Bei einer Erhebung, die das Institut Infras 2008 im Auftrag des Kantons durchgeführt hat, haben 76 Prozent aller Eltern angegeben, dass sie Interesse an einem flexibel wählbaren Betreuungsangebot vor allem über Mittag haben. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, muss das jetzige Angebot schrittweise um 5000 Plätze in Tagesschulen und Mittagstischen erweitert werden. Berechnungen der Regierung gehen davon aus, dass dafür rund 70 Millionen Franken in den Aufbau der notwendigen Infrastruktur investiert werden müssen und im Endausbau zusätzliche 50 Millionen Franken jährlich wiederkehrende Betriebskosten anfallen werden.

Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe
Die Volksinitiative "Tagesschule für mehr Chancengleichheit" (Tagesschulinitiative II) fordert, innert fünf Jahren alle Volksschulen ganz oder teilweise als Tagesschulen zu führen. Als Teil der Volksschule soll der Besuch der Tagesschulen - abgesehen von einer allfälligen Beteiligung an den Verpflegungskosten - für die Eltern unentgeltlich sein. Die Umsetzung dieser Forderung würde nach Einschätzung des Regierungsrates die Entwicklungsfähigkeit des im Aufbau befindlichen Systems von schulischen Tagesstrukturen überfordern und mit den Möglichkeiten des kantonalen Finanzhaushaltes kollidieren. Der Regierungsrat hält die quantitativen Ziele der Initiative in diesem Tempo für nicht umsetzbar und fordert deshalb in seinem Bericht zur Tageschulinitiative 2 den Grossen Rat auf, die unformulierte Initiative mit der Empfehlung auf Verwerfung zur Abstimmung zu bringen.

Eltern sollen ein Viertel der Kosten tragen
Im Rahmen der finanziellen und räumlichen Möglichkeiten wird der Regierungsrat die als Politikschwerpunkt definierte Ausbaustrategie bei den Tagesstrukturen in den nächsten Jahren weiterfolgen. Eine gänzliche Ablösung der Mittagstische durch Tagesschulen lehnt der Regierungsrat aber ebenso ab, wie ein Verzicht auf Elternbeiträge. Um im Sinn der Initiative eine gute soziale Durchmischung zu erreichen, wurde die Verordnung zum Gesetz betreffend die Tagesbetreuung von Kindern Anfang diesen Jahres so geändert, dass die Tarife für mittlere und höhere Einkommen günstiger werden. Die günstigen Ansätze für einkommensschwächere Eltern bleiben erhalten. Die sozial abgestufte Kostenbeteiligung der Eltern deckt gegenwärtig im Durchschnitt 25 Prozent der Vollkosten. Würden nur Kostenbeiträge für die Verpflegung berechnet, sänke dieser Anteil auf fünf Prozent. Im Endausbau wäre dies für den Kanton mit Mehrausgaben von rund 14 Millionen Franken verbunden.

Tageschulen neu im Schulgesetz verankert
Ausser mit der Senkung der Elternbeiträge ist der Regierungsrat dem Anliegen der Initiative auch in der vom Grossen Rat am 19. Mai beschlossenen Schulgesetzänderung entgegengekommen. In Paragraph 73 des Schulgesetzes ist neu festgeschrieben, dass die Schulleitung in der Volksschule ergänzend zu den Unterrichtszeiten "ein bedarfsgerechtes, nach pädagogischen Grundsätzen geführtes Betreuungsangebot (Tagesstrukturen" gewährleistet. Das revidierte Schulgesetz legt zudem fest, dass bei der Festlegung der Zeitorganisation von Unterricht und Tagesstrukturen die Bedürfnisse der Kinder und Familien berücksichtigt werden müssen und die Erziehungsberechtigten sich entsprechend ihrer finanziellen Leistungskraft an den Kosten für die Tagesstrukturen zu beteiligen haben. Diese neuen Gesetzesbestimmungen kommen den qualitativen Zielen der Initiantinnen und Initianten weit entgegen. Das vollständige Dokument ist voraussichtlich am Freitagmorgen, 4. Juni 2010 auf www.bs.grosserrat.ch abrufbar.

Weitere Auskünfte

Hans-Georg Signer, Leiter Bildung Erziehungsdepartement Basel-Stadt Telefon +41 (0)61 267 56 30