Lehrerinnen und Lehrer brauchen bessere Arbeitsbedingungen
MedienmitteilungErziehungsdepartement
Medienmitteilung des Ressorts Schulen -- Die Basler Lehrerinnen und Lehrer schätzen die Verantwortung die Anforderungsvielfalt und den vorhandenem Tätigkeitsspielraum ihres Berufs. 29 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich allerdings stark bis sehr stark belastet. Das geht aus einer umfassenden wissenschaftlichen Analyse hervor die im Herbst 2001 im Auftrag des Erziehungsdepartements Basel-Stadt durchgeführt wurde. Die Resultate werden in einem 40-seitigen Bericht dokumentiert. Die Untersuchungsergebnisse bilden eine Grundlage für Verbesserungsmassnahmen. Eine Reduktion der Lasten und eine Konzentration auf das Hauptgeschäft Unterricht gehören zu den vordringlichsten Anliegen von Lehrkräften Rektoraten und der Schulzentrale des Erziehungsdepartementes. Die Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer müssen sich so gestalten dass die Schule ihren Bildungsauftrag optimal erfüllen kann. Das Erziehungsdepartement Basel-Stadt wird sich in den kommenden Monaten vor allem um sechs Themenbereiche kümmern um eine Verbesserung der Situation mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bewirken zu können: Belastungen und Beanspruchungen Kultur und Führung Kerngeschäft Unterricht und Zusatzaufgaben Information und Kommunikation sowie Weiterbildung und Lehrerinnen- und Lehrerkarrieren. Für die Umsetzung von entsprechenden Massnahmen stehen in den kommenden Jahren jährlich 15 Millionen Franken zur Verfügung.
Infolge der Schulreform mussten die Lehrerinnen und Lehrer in den vergangenen Jahren viele zusätzliche Aufgaben wahrnehmen. Darüber hinaus haben auch gesellschaftliche Veränderungen und Probleme dazu geführt, dass die Erwartungen an die Schule stark angestiegen sind. Gerade von Lehrkräften verlangt die Gesellschaft häufig das Vermitteln von Orientierungshilfen, die sie selber nicht mehr oder nur mangelhaft zu erbringen vermag. Für die Lehrkräfte führte diese Entwicklung zu einem zunehmenden Mehraufwand, den sie neben ihrem Kerngeschäft – dem Vermitteln von Wertvorstellungen und Wissen – zusätzlich leisten müssen. Darüber hinaus wurde die Pflichtstundenzahl als zeitlich befristete Sparmassnahme erhöht. Damit die Arbeitssituation der Basler Lehrerinnen und Lehrer verbessert werden kann und mehr Kraft für das Hauptgeschäft zur Verfügung steht – beides prioritäre Anliegen von Departementsvorsteher Christoph Eymann –, muss die Vielzahl der Lasten reduziert werden.
Professor Eberhard Ulich und sein Team vom Institut für Arbeitsforschung und Organisationsberatung haben im vergangenen Herbst im Auftrag des Erziehungsdepartements die Arbeitsbedingungen, Belastungen und Ressourcen der Basler Lehrerinnen und Lehrer analysiert. Ziel der systematischen Analyse war das Bilden einer Grundlage für Verbesserungsmassnahmen. 51 Prozent der Basler Lehrkräfte haben sich an der Umfrage beteiligt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Trends im subjektiven Erleben der Lehrtätigkeit über sämtliche Schultypen ähnlich gestalten. Als positiv schätzen Lehrkräfte und Schulhausleitende ihre Arbeit in Bezug auf Qualifikationsanforderungen, Verantwortung, Anforderungsvielfalt und vorhandenen Tätigkeitsspielraum ein. Belastend erweisen sich unter anderem die Heterogenität der Klassen, administrative Pflichten, Aufgaben ausserhalb des Unterrichts, das berufliche Image sowie Veränderungen im Schulsystem.
Die zunehmende Belastung der Basler Lehrkräfte wird in der Auswertung der wissenschaftlichen Analyse deutlich sichtbar. 29 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer gaben an, infolge einer steigenden Anzahl neuer Aufgaben stark bis sehr stark belastet zu sein. Eine zeitweilige beeinträchtigte Bereitschaft, sich den Schülerinnen und Schülern zuzuwenden, gehört zu den Folgen der hohen Belastung: Jede fünfte Lehrkraft ist davon betroffen. Knapp 30 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer weisen Merkmale emotionaler Erschöpfung auf. Die Analyse zeigt auch Diskrepanzen zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit bezüglich Werten im Berufsalltag der Lehrpersonen auf. Als klein erweist sich das Defizit in den Bereichen "interessante Aufgaben", "Verhältnis zu Kolleginnen und Kollegen" sowie "Möglichkeit, neue Dinge zu lernen". Gross gestaltet sich die Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit in den Bereichen "Kultur der Offenheit und Toleranz", "klare Führung" sowie "Mitsprache bei wichtigen Dingen".
Wo sollen Verbesserungsmassnahmen ansetzen? Auch diese Frage wurde untersucht. 85 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer sehen in einer zeitlichen Entlastung für Aufgaben, die ausserhalb des Unterrichts anfallen, starke bis sehr starke positive Auswirkungen auf ihre Befindlichkeit. Mehr finanzielle Mittel für die Schulen, eine Reduktion der Pflichtstundenzahl, klare Regelungen bezüglich Kerngeschäft und Zusatzaufgaben sowie ein Senken der Klassengrössen gehören ebenfalls zu den dringlichen Anliegen der Lehrkräfte. In Bezug auf die Führung figurieren eine klare Unterstützung, eine Aufwertung des Images der Schule sowie eine Verbesserung des Umgangs von Behörden und Führungskräften mit Vorschlägen von Lehrerinnen und Lehrern zuoberst auf der Prioritätenliste. Im Weiteren besteht der Wunsch nach mehr Feedback, Anerkennung und Interesse bezüglich der beruflichen Tätigkeit. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse wird in einem 40-seitigen Bericht dokumentiert. Dieser enthält zahlreiche Grafiken und zeigt stufenspezifische Unterschiede auf.
Die Resultate der Analyse der Arbeitsbedingungen, Belastungen und Ressourcen der Basler Lehrerinnen und Lehrer machen die Problembereiche, mit welchen sich die Lehrkräfte in ihrem beruflichen Alltag konfrontiert sehen, deutlich. Die Untersuchungsergebnisse dienen als Grundlage für das Entwickeln und Umsetzen mittel- sowie langfristiger Verbesserungsmassnahmen im Zeitraum 2002 bis 2005. In diesen Prozess werden Vertreterinnen und Vertreter der Lehrkräfte sowie der Rektorate miteinbezogen.
Eine Reduktion der bei den Lehrerinnen und Lehrern anfallenden Lasten, eine Konzentration auf das Hauptgeschäft Unterricht, eine optimierte Führung sowie Laufbahnberatung gehören zu den vordringlichsten Anliegen. Die Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen müssen sich so gestalten, dass die Schule ihren Bildungsauftrag optimal erfüllen kann.
Mit der Eröffnung einer Beratungsstelle, in welcher sich eine Psychologin und ein Psychologe eine 100-Prozentstelle teilen, ist bereits zu Beginn dieses Jahres einem Wunsch zahlreicher Lehrerinnen und Lehrer entsprochen worden. Mit der Planung und Umsetzung geeigneter Massnahmen wird eine Steuergruppe unter der Leitung des Departementsvorstehers betraut werden. In diesem Gremium werden Professor Eberhard Ulich, die Leitung des Stabs Schulen, ein Schulleitungsmitglied, eine Vertretung der Schulsynode und die Projektleiterin mitwirken. In der Finanzplanung der kommenden Jahre ist ein jährlicher Betrag von 1,5 Millionen Franken vorgesehen.
Der Kanton Basel-Stadt hat als erster Kanton diese wichtige Aufgabe in Angriff genommen. In allen vergleichbaren Gemeinwesen dürften ähnliche Verhältnisse herrschen, wie sie jetzt in dieser Studie wissenschaftlich festgestellt worden ist. Die Studie zeigt einige der Ursachen, weshalb in jüngster Vergangenheit die Lehrberufe an Attraktivität verloren haben und damit auch Ansätze für gezielte Verbesserungen.
Hinweise
Prof. Dr. Eberhard Ulich, lic. phil. Simone Inversini, lic. phil. Marc Wülser: Arbeitsbedingungen, Belastungen und Ressourcen der Lehrkräfte des Kantons Basel-Stadt. Ergebnisse der Analyse. Institut für Arbeitsforschung und Organisationsberatung, Zürich, Januar 2002, 40 Seiten. Der Bericht ist beim Erziehungsdepartement kostenlos erhältlich. Bestellungen an: ED, Ressort Schulen, Münsterplatz 2, 4001 Basel oder an daniela.huber@bs.ch .
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