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Umgang mit psychisch belasteten Lernenden: Präsentation Befragung von Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in der Deutschschweiz

Medienmitteilung

Gesundheitsdepartement

Das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt hat gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum WorkMed der Psychiatrie Baselland und in Zusammenarbeit mit dem Bereich Mittelschulen und Berufsbildung BS, dem Gewerbe- und Arbeitgeberverband sowie der Stiftung Rheinleben im Frühjahr 2021 Berufsbildnerinnen und Berufsbildner der Deutschschweiz zum Thema «psychische auffällige Lernende im Betrieb» befragt. Die Resultate liegen nun vor und zeigen, dass psychische Auffälligkeiten bei Lernenden häufig sind. Das Engagement von Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern ist hoch. Gleichzeitig fällt auf, dass der Kontakt zu Externen eher selten gesucht wird. Die Resultate sollen nun dazu beitragen, wie Berufsbildnerinnen und Berufsbildner bei psychischen Auffälligkeiten von Lernenden früher und gezielter intervenieren können, um problematischen Entwicklungen in der Lehre entgegenzuwirken.

Die Berufsausbildung ist ein erster wichtiger Schritt ins Berufsleben und stellt neue Anforderungen an das Bewältigungsverhalten der Jugendlichen. Während die Mehrheit damit gut klarkommt, gibt es eine nicht unerhebliche Gruppe, die in der Berufsausbildung Auffälligkeiten zeigt, sei es disziplinarisch, leistungsbezogen oder im zwischenmenschlichen Kontakt.

Bis anhin gab es kaum Daten, wie sich psychisch auffällige Lernende in der Ausbildung verhalten, wie sie aufgefangen werden und welchen Unterstützungsbedarf Verantwortliche für die Berufsbildung haben.

Zur Fragestellung
Dem hat nun eine breit angelegte Studie in der Deutschschweiz Abhilfe geleistet. In einer Kooperation des Gesundheitsdepartementes Basel-Stadt mit dem Kompetenzzentrum WorkMed der Psychiatrie Baselland und in Zusammenarbeit mit dem Bereich Mittelschulen und Berufsbildung BS, dem Gewerbe- und Arbeitgeberverband sowie der Stiftung Rheinleben wurde eine Befragung bei Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern zu ihren Erfahrungen mit belasteten und auffälligen Lernenden durchgeführt. Die Untersuchung soll dazu beitragen, die Früherkennung und Frühintervention bei Lernenden mit Verhaltens- und Leistungsproblemen durch die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner zu verbessern und belastenden Verläufen oder gar Abbrüchen in der Berufsbildung entgegenzuwirken.

Die vorliegende Studie liefert somit erstmals umfassende Daten zur aktuellen Situation der Lernenden und deren Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in der Deutschschweiz.

Psychische Auffälligkeiten bei Lernenden sind häufig
41 Prozent der Lernenden schliessen ihre Lehre problemlos ab. Die Studie zeigt jedoch auch, dass 59 Prozent einen problematischen Lehrverlauf aufweisen. 33 Prozent von ihnen gelingt es, die Schwierigkeiten während der Ausbildung zu lösen, wahrscheinlich mit grossem Engagement aller Beteiligten. Bei 26 Prozent bleiben die Probleme bis zum Schluss ungelöst. In diesen ungelösten Problemfällen erfolgt in über einem Drittel (35 Prozent) ein Lehrabbruch. Die übrigen zwei Drittel schliessen ihre Lehre zwar ab, es bleibt dabei jedoch offen, wie und ob sie den Einstieg ins Berufsleben schaffen. 40 bis 50 Prozent der Lernenden mit Problemen sind zumindest vorübergehend wegen psychischer Probleme in Behandlung.

Jugendliche profitieren von einem unterstützenden Umfeld
Die Studie zeigt weiter, dass Jugendliche von einem unterstützenden und funktionierenden familiären Umfeld, das Orientierung gibt, profitieren. Zudem haben gute Freunde und eine aktive Freizeit einen deutlichen positiven Einfluss auf den Lehrverlauf. Wie sich die Lernenden verhalten, ist ebenfalls sehr wichtig: Jugendliche, welche sich an Regeln halten können, pünktlich sind und gut ins Team integriert sind, haben eine grosse Chance für einen unproblematischen Lehrverlauf.

Lernende mit belastenden, wenig unterstützenden Familienverhältnissen, Suchtproblemen und fehlenden Basiskompetenzen haben es hingegen schwer, oft nicht erst seit Lehrbeginn. Je mehr Defizite Lernende haben, desto höher ist das Risiko für Probleme in der Lehre. Einen besonders grossen Einfluss haben Defizite im zwischenmenschlichen Bereich. Diese Defizite sind oft schon während der Schulzeit bekannt, die Informationen fliessen jedoch nicht weiter, was eine gezielte Unterstützung von Beginn weg verhindert.

Weibliche und männliche Lernende unterscheiden sich im Umgang mit Defiziten
Männliche Lernende zeigen in vielen Bereichen mehr Defizite auf als ihre weiblichen Kolleginnen. Allerdings haben sie weniger Angst, Fehler zu machen. Männliche und weibliche Jugendliche unterscheiden sich massgeblich bezüglich ihrer Defizite, jedoch auch im Umgang mit diesen. Männliche Jugendliche sind eher passiv, suchen seltener professionelle Unterstützung und neigen zu übermässigem Konsum von Suchtmitteln wie Alkohol oder Cannabis. Weibliche Jugendliche sprechen Probleme häufiger an, halten sich häufiger an Abmachungen, weisen seltener Suchtprobleme auf.

Grosses Engagement, jedoch Unsicherheiten bei psychischen Themen
Berufsbildnerinnen und Berufsbildner fühlen sich in vielen Bereichen ihrer Tätigkeit sicher; eine Ausnahme sind jedoch Themen rund um psychische Schwierigkeiten. Allgemein scheint wenig Austausch stattzufinden, wobei Berufsbildnerinnen und Berufsbildner mit zunehmender Berufserfahrung sowie solche aus kleineren bis mittlere Unternehmen eher eine Zusammenarbeit mit Dritten wünschen.

Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sind oft sehr engagiert und bieten viel Unterstützung. Gleichzeitig wird bei Schwierigkeiten häufig zu lange gewartet, bis externe Stellen beigezogen werden. Dabei verstreicht wertvolle Zeit für gezielte Unterstützung, während sich die Schwierigkeiten verstärken und allenfalls chronifizieren.

Für die Zukunft ist eine Sensibilisierung und Befähigung durch mehr Wissen zum Thema psychische Gesundheit von Lernenden zu empfehlen. Gleichzeitig ist die Entwicklung von gut zugänglichen und spezifischen Angeboten für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner erforderlich.

Hinweise

*Die Projektgruppe

WorkMed, Psychiatrie Baselland, Fachliche Leitung

Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, Projektleitung

Erziehungsdepartement Basel-Stadt, Mittelschulen und Berufsbildung

Gewerbeverband Basel-Stadt

Arbeitgeberverband Basel

Stiftung Rheinleben

Mit finanzieller Unterstützung von Gesundheitsförderung Schweiz

und weiteren Stiftungen

Weitere Auskünfte

Corina Schweighauser, MSc, Projektleitung Programmleiterin psychische Gesundheit, Gesundheitsdepartement Basel-Stadt Tel. +41 61 267 46 60, corina.schweighauser@bs.ch Dr. Niklas Baer, Fachliche Leitung Leiter WorkMed, Psychiatrie Baselland Tel: +41 79 778 28 84, niklas.baer@workmed.ch 

Gesundheitsdepartement

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