Bericht der Finanzkommission zur Staatsrechnung 2010
MedienmitteilungGrosser Rat
Finanzkommission stimmt der Rechnung 2010 des Kantons Basel-Stadt zu -- Die Rechnung 2010 des Kantons Basel-Stadt verzeichnet einen Überschuss von CHF 277,5 Mio. in der Laufenden Rechnung und einen Finanzierungssaldo von CHF 672,5 Mio. Zurückzuführen sind diese deutlich über Budget liegenden Werte auf die über Erwarten gute konjunkturelle Lage sowie verschiedene Sonderfaktoren. Da der Ordentliche Nettoaufwand (ONA) um gegen CHF 60 Mio. wächst, ruft die Finanzkommission den Regierungsrat auf, mit dem Voranschlag 2012 nicht nur das prozentuale Wachstum, sondern auch die absolute Basis des ONA im Auge zu behalten.
Die Saldi der Laufenden und der Finanzierungsrechnung der Staatsrechnung 2010 des Kantons Basel-Stadt liegen rund CHF 350 bzw. CHF 850 Mio. über dem Budget. Je nach Kennzahlen und Bereinigung um Sonderfaktoren erreicht die Staatsrechnung damit beinahe wieder die Rekordwerte der Jahre 2007 und 2008. Zum ersten Mal seit mindestens einem Vierteljahrhundert liegen die Nettoschulden pro Kopf unter CHF 10'000; die Nettoschuldenquote beträgt mit 3,3 Promille noch gut die Hälfte des maximal zulässigen Werts von 6,5 Promille. Gleichzeitig verbucht der Kanton per Ende 2010 zum ersten Mal in seiner Geschichte ein Eigenkapital von über CHF 1 Mrd.
Wie die Finanzkommission in ihrem Bericht zum Budget 2011 vorweggenommen hat, gibt es für die erfreuliche Entwicklung im Wesentlichen zwei Erklärungen. Zum einen ist der prognostizierte Konjunktureinbruch weitestgehend ausgeblieben. Die beiden wichtigsten Konjunkturindikatoren in der Staatsrechnung – der Unternehmenssteuerertrag und die Sozialausgaben – liegen um rund CHF 130 Mio. über bzw. mehr als CHF 30 Mio. unter dem Budget. Zum anderen sind verschiedene Sonderfaktoren zu verzeichnen, u.a. der Aufwertungsgewinn aus der Auslagerung der IWB von netto rund CHF 120 Mio. (Laufende Rechnung) bzw. CHF 180 Mio. (Finanzierungsrechnung) sowie die Auflösung der nicht benötigten Rückstellungen aus der Pensionskassensanierung II.
Angesichts des guten Ergebnisses hat der Regierungsrat beschlossen, der Rechnung 2010 den verbleibenden Arbeitgeberanteil an der Pensionskassensanierung I von über CHF 350 Mio. zu belasten. Grundsätzlich steht die Finanzkommission einer Haushaltführung, die einzelne Buchungen diskretionär vom Gesamtbild abhängig macht, sehr skeptisch gegenüber. Dies ist der grundsätzlich hohen Qualität der kantonalen Rechnungslegung abträglich und unterminiert das Prinzip der Stetigkeit. Die Finanzkommission begrüsst aber gleichzeitig die Transparenz, mit der das Finanzdepartement die Motivation hinter diesem Schritt begründet. Auch erkennt sie, dass damit eine 2007 geschaffene ausserordentliche Spezialfinanzierung – damals mehr der Politik als der Rechnungslegung geschuldet – wieder aufgelöst wird. Ohne die Ausbuchung des Arbeitgeberanteils an der Pensionskassensanierung I läge der Saldo der Laufenden Rechnung bei über CHF 600 Mio. Rechnet man sämtliche Sonderpositionen heraus, ergibt sich in der Laufenden Rechnung ein Überschuss von rund CHF 330 Mio. und ein Finanzierungssaldo von rund CHF 270 Mio.
Auch wenn Konjunkturverlauf und Sonderfaktoren die massive Verbesserung gegenüber dem Budget weitgehend zu erklären vermögen, hat sich die Finanzkommission kritisch mit der Genauigkeit der regierungsrätlichen Budgetierung auseinandergesetzt. Laufende und Finanzierungsrechnung sind schon in den letzten Jahren regelmässig und teilweise deutlich vom Budget abgewichen. Weil Mehrjahresvergleiche aufgrund von Sonderfaktoren schwierig sind, hat die Finanzkommission die Abweichungen beim Steuerertrag untersucht. Seit dem Jahr 2000 hat der Regierungsrat die Steuereinnahmen im Durchschnitt um fast CHF 180 Mio. pro Jahr zu tief budgetiert. Das Finanzdepartement verneint zwar eine systematisch zu pessimistische Budgetierung, hält aber gleichzeitig fest, dass „vielleicht eine gewisse Tendenz (besteht), positive Änderungen mit Vorsicht in die Prognosen einfliessen zu lassen“. Die Finanzkommission anerkennt und begrüsst, dass der Regierungsrat grundsätzlich vorsichtig budgetiert. Es darf aber ex post nicht der unberechtigte Eindruck entstehen, die finanziellen Prognosen basierten auf einer politischen Basis. Die Finanzkommission ruft den Regierungsrat deshalb dazu auf, in seiner Kommunikation die Genauigkeit des jährlichen Budgets (auf den Franken genau beschlossen) und des mehrjährigen Finanzplans (auf Hunderttausend Franken genau ausgewiesen) gegebenenfalls zu relativieren.
Aufgefallen ist der Finanzkommission in der Staatsrechnung 2010 der hohe Zuwachs des Ordentlichen Nettoaufwands (ONA). Normalisiert, das heisst unter Ausklammerung der Sonderfaktoren und der Teuerung, liegt er zwar um CHF 55 Mio. bzw. 2,5% unter dem Budget, was vor allem der konjunkturellen Entwicklung zu verdanken ist. Gegenüber dem Vorjahr wächst er aber um CHF 57 Mio. bzw. 2,6% deutlich. Dieser vermeintliche Widerspruch ist darauf zurückzuführen, dass sich der vom Grossen Rat bewilligte ONA-Anstieg jeweils am Vorjahresbudget und nicht an der Vorjahresrechnung orientiert. Die Finanzkommission schliesst aus diesen Zahlen, dass der Kanton die Budgetunterschreitung 2009 im Jahr 2010 zu einem guten Teil „konsumiert“ hat; dies relativiert die grundsätzlich erfreuliche Unterschreitung des budgetierten ONA 2010 stark.
Die Finanzkommission sieht sich in ihrer im Budgetbericht 2011 formulierten Auffassung bestätigt, dass die verfügbaren Mittel die Ausgabenentwicklung direkter steuern, als die Verantwortlichen dies oft wahrhaben möchten. Es war deshalb richtig, die Entwicklung des ONA im Budget 2011 trotz erfreulicher Finanzlage wieder auf den Wachstumspfad von 1,5% zurückzuführen und auf die dadurch nötig gewordene Vorgabenreduktion zu pochen. Die Finanzkommission befürchtet allerdings, dass der ONA auch 2011 mit mehr als 1,5% wächst, falls der Kanton auch die Budgetunterschreitung 2010 konsumiert. Sie ruft den Regierungsrat dazu auf, mit dem Voranschlag 2012 nicht nur das prozentuale Wachstum, sondern auch die absolute Basis des ONA im Auge zu behalten.
Hinweise
Ausführlicher Bericht der Finanzkommission zur Staatsrechnung 2010: www.grosserrat.bs.ch