Rückgabeforderung an das Kunstmuseum Basel nicht gerechtfertigt
MedienmitteilungRegierungsrat
Das Kunstmuseum Basel und der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt erachten die Forderung eines New Yorker Anwaltbüros auf Rückgabe zweier Kunstwerke von Edvard Munch aus dem Kunstmuseum Basel als nicht gerechtfertigt und weisen diese nach umfassenden und sorgfältigen Abklärungen zurück. Die Behauptung der Anwälte entfernter Verwandter des Kunstsammlers Dr. Curt Glaser (geb. 1879 in Leipzig gestorben 1943 in Lake Placid USA) das Kunstmuseum sei unrechtmässig im Besitz dieser Kunstwerke trifft nicht zu.
Das Kunstmuseum Basel hat in enger Zusammenarbeit mit dem Erziehungsdepartement und einer renommierten Basler Anwaltskanzlei alle juristischen wie auch moralischen Aspekte dieser Rückgabeforderung geprüft. Auch die Anlaufstelle Raubkunst des Bundesamts für Kultur wurde in diesem Zusammenhang konsultiert. Bei den betreffenden Kunstwerken handelt es sich zweifelsfrei nicht um so genannte Raubkunst. Diese umfassend und sehr sorgfältig vorgenommene Prüfung wurde insbesondere auch deshalb durchgeführt, weil ein Entscheid des Kunstmuseums und des Kantons Basel-Stadt auch für andere Museen und Restitutionsforderungen von Bedeutung ist. Die Analyse und objektive Einschätzung der Geschichte, wie und unter welchen Umständen das Kunstmuseum 1933 die besagten Kunstwerke erworben hat und über 70 Jahre unangefochten besass, lässt trotz der Anerkennung und Würdigung der schwierigen und belastenden Auswirkungen des nationalsozialistischen Regimes auf Dr. Curt Glaser keinen anderen Entscheid zu als die Rückweisung der Restitutionsforderung des New Yorker Anwaltsbüros.
Die wesentlichen Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen: Das Kunstmuseum Basel hat durch seinen damaligen Direktor im Mai 1933 beim Auktionshaus Max Perl in Berlin über 100 Zeichnungen und druckgraphische Werke von Künstlern des 16. bis 20. Jahrhunderts ersteigert. Darunter befinden sich die Lithographien "Selbstbildnis" (1895) und "Madonna" (1895-1902) des norwegischen Malers Edvard Munch (1863-1944).
Seit über 70 Jahren befinden sich diese Kunstwerke in der Sammlung des Kupferstichkabinetts des Kunstmuseums. Zu keiner Zeit wurde in Frage gestellt, dass das Kunstmuseum bzw. der Kanton Basel-Stadt rechtmässiger Eigentümer dieser Kunstwerke ist. Erst im Jahr 2004 meldete sich eine New Yorker Anwaltskanzlei und wünschte namens entfernter Verwandter von Curt Glaser zunächst Auskunft über die Munch-Lithographien und verlangte in der Folge deren Rückgabe.
Die New Yorker Anwälte berufen sich darauf, dass die vom Kunstmuseum ersteigerten Kunstwerke aus der Sammlung von Dr. Curt Glaser stammen. Dr. Curt Glaser war Jude und in den Jahren 1924-1933 Direktor der Kunstbibliothek des Berliner Kunstgewerbemuseums. Nach dem Tod seiner Frau und aufgrund seiner Zwangspensionierung durch die Nationalsozialisten entschloss er sich, Teile seiner Kunstsammlung durch ein Auktionshaus versteigern zu lassen. Im Herbst 1933 emigrierte er in die Schweiz. Verschiedene Gemälde seiner Munch-Sammlung konnte er im Jahr 1935 aus Deutschland ausführen und im Kunsthaus Zürich deponieren. Im Mai 1941 wanderte er mit seiner zweiten Frau Maria in die USA aus, wo er 1943 in Lake Placid (NY) kinderlos verstarb.
Das Kunstmuseum Basel hat im Jahre 1933 die Werke an der Auktion gutgläubig erworben und über 70 Jahre in unangefochtenem Besitz und Eigentum gehabt. Es gab zum Zeitpunkt der Auktion keinerlei Hinweise im Auktionskatalog oder in sonstigen Publikationen, dass die Kunstwerke aus der Sammlung von Dr. Curt Glaser stammen. Das Auktionshaus Perl war in Berlin etabliert. Die für die Werke bezahlten Preise waren "zeittypisch" bzw. marktkonform. Sie wurden ordnungsgemäss aus Deutschland aus- und in die Schweiz eingeführt. Das Kunstmuseum hat die in solchen Fällen erforderliche Sorgfalt walten lassen, zu weiteren Nachforschungen oder Erkundigungen nach der Person des Einlieferers gab es weder Anlass noch die Verpflichtung. Die berüchtigten so genannten "Judenauktionen", bei welchen beschlagnahmter Besitz verfolgter Juden zu Schleuderpreisen veräussert wurde, fanden im nationalsozialistischen Deutschland erst ab 1938 statt.
Das Kunstmuseum hat mit den Anwälten der Erben kooperiert und über die betreffenden Kunstwerke offen und vorbehaltlos Auskunft gegeben. Das Kunstmuseum Basel und der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt erachten auf Grund der umfassenden Abklärungen und des geschilderten Sachverhalts die Restitutionsforderung des New Yorker Anwaltbüros als nicht gerechtfertigt und weisen sie in aller Form zurück.