Religion und Staat
Religionsgemeinschaften stellen für den Staat wichtige Partner dar. Die Bundesverfassung regelt den Umgang mit Religion grundsätzlich in Art. 15 zur Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Kantone sind zuständig für die Regelung des Verhältnisses zu einzelnen Religionsgemeinschaften.
Religionsfreiheit
Laut Art. 15 der Bundesverfassung hat jede Person das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen. Der Staat achtet die religiösen Überzeugungen und die freie Religionsausübung, solange dadurch nicht die Grundrechte Dritter verletzt werden.
Der Staat sorgt für die Einhaltung des religiösen Friedens und für die Gewährleistung der Glaubens- und Gewissensfreiheit innerhalb der geltenden Rechtsordnung. Die Kantone sind zuständig für die Regelung des Verhältnisses zu den einzelnen Religionsgemeinschaften.
Anerkennung einer Religionsgemeinschaft
In Basel-Stadt gibt es vier öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften, vier kantonal anerkannte Religionsgemeinschaften und zahlreiche nicht-anerkannte Religionsgemeinschaften.
Religionsgemeinschaften und Kirchen können auf dem Weg der Verfassungsänderung öffentlich-rechtlich anerkannt werden. Mit einem Gesuch an den Grossen Rat kann eine kantonale Anerkennung beantragt werden. Die Anerkennungen sind in der Kantonsverfassung (KV) geregelt. Für Anerkennungsfragen ist das Finanzdepartement in Zusammenarbeit mit dem Präsidialdepartement zuständig.
Öffentlich-rechtliche Anerkennung
Mit der öffentlich-rechtlichen Anerkennung wird eine Religionsgemeinschaft zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 126 KV). Die öffentlich-rechtliche Anerkennung hat eine Verfassungsänderung zur Folge. Sie unterliegt dem Referendum.
Die öffentlich-rechtliche Anerkennung bedeutet, dass wesentliche Teile der rechtlichen Ausstattung einer Kirche oder Religionsgemeinschaft im öffentlichen Recht des Kantons geordnet sind, nämlich im Kirchengesetz. Öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften müssen also eine gewisse staatliche Aufsicht dulden.
Öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften haben aber auch besondere Rechte:
- das Recht, Steuern zu erheben,
- das Recht, in den öffentlichen Schulen Religionsunterricht durchzuführen,
- das Recht, in öffentlichen Spitälern, Heimen und Gefängnissen Seelsorge zu leisten,
- das Recht auf finanzielle Unterstützung durch den Staat für Projekte und Institutionen von Staat und Religionsgemeinschaft.
Den Vorteilen, die die Anerkennung bringt, stehen einige Pflichten gegenüber. Diese Religionsgemeinschaften müssen
- eine staatliche Aufsicht dulden,
- finanzielle Transparenz herstellen,
- gewisse organisatorische Bedingungen erfüllen.
Rund ein Drittel der Basler Bevölkerung ist Mitglied einer der vier Gemeinschaften mit öffentlich-rechtlicher Anerkennung, namentlich der Evangelisch-reformierten Kirche, der Römisch-Katholischen Kirche, der Christkatholischen Kirche und der Israelitischen Gemeinde.
Kantonale Anerkennung anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften
Seit der Verfassungsänderung von 2006 haben gemäss §133 KV weitere Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, beim Grossen Rat ein Gesuch um kantonale Anerkennung einzureichen. Die kantonale Anerkennung erfolgt mit Beschluss des Grossen Rates und unterliegt nicht dem Referendum. Kantonal anerkannte Religionsgemeinschaften bleiben privatrechtlich organisiert und erhalten kein Besteuerungsrecht. Die Rechte und Pflichte der kantonalen anerkannten Religionsgemeinschaften werden im Anerkennungsbeschluss festgelegt.
Für eine privatrechtliche Anerkennung müssen Kirchen oder Religionsgemeinschaften privatrechtlich organisiert sein und folgende Bedingungen erfüllen:
- Sie müssen eine gesellschaftliche Bedeutung haben,
- den Religionsfrieden und die Rechtsordnung respektieren,
- eine transparente Finanzverwaltung vorweisen,
- jederzeit den Austritt zulassen.
Im Kanton Basel-Stadt sind bislang vier Religionsgemeinschaften kantonal anerkannt: Christengemeinschaft, Neuapostolische Kirche, Alevitische Kulturvereinigung und Evangelisch-lutherische Kirche.
- Zum Verhältnis von Religion und Staat (Startet einen Download)
Information zum Verhältnis Religion und Staat im Kanton Basel-Stadt.
- Zeitschriftenreihe des Instituts für Religionsrecht
Die Zeitschriftenreihe enthält Beiträge zur Schnittstelle zwischen Religion, Recht und Gesellschaft.
- Freiburger Veröffentlichungen zum Religionsrecht (FVRR)
Die Reihe veröffentlicht Publikationen zum Recht von christlichen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften sowie zum Verhältnis Religion und Staat.
- SZIG-Insights
Newsletter des Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Fribourg.
Hinkende Trennung von Religion und Staat
Basel-Stadt kennt seit 1910 (Basel-Landschaft seit 1950) die sogenannte «hinkende Trennung» von Religion und Staat.
Mit dem Begriff «hinkende Trennung» wird die Zusammenarbeit zwischen Staat und öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften beschrieben.
In den folgenden Bereichen findet eine Zusammenarbeit statt:
- Religionsunterricht an öffentlichen Schulen
- Theologieunterricht an staatlichen Hochschulen
- Seelsorge in Spitälern und Strafanstalten
- Erhebung der Kirchensteuer
Die «hinkende Trennung» gilt in den meisten Kantonen der Schweiz. Genf und Neuenburg kennen eine weitgehende Trennung von Kirche und Staat.
Debatte: Religion – Staat – Öffentlichkeit
Wir stellen eine zunehmende Unsicherheit fest, wie wir mit Religionsthemen umgehen können. Dazu tragen die zunehmende Vielfalt in der Religionslandschaft und der Bedeutungsverlust von Religion bei. Wir wollen schwierige Themen und Fragen rund um Religion sachlich, differenziert und unaufgeregt diskutieren.
Gefahren für unsere Demokratie –Verschwörungsmythen und neuer Antisemitismus
Die Veranstaltung im Juni 2021 hat sich mit Verschwörungsmythen und neuem Antisemitismus beschäftigt, die aufgrund der Pandemie an Zuspruch gewonnen haben. Zu Gast war Dr. Michael Blume, Religionswissenschaftler und Antisemitismusbeauftragter von Baden-Württemberg.
Aufzeichnung der Podiumsdiskussion: «Gefahren für unsere Demokratie – Verschwörungsmythen und neuer Antisemitismus»