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Frühmittelalter: 476–1000 n. Chr.

Im Frühmittelalter vermischten sich hier die verschiedensten kulturellen Traditionen: Neben ehemals keltischen und gallo-römischen Bewohner:innen prägten neu hinzukommende germanische Einflüsse den Alltag.

Rekonstruktion einer mittelalterlichen Bestattung in einer hölzernen Kammer.
Angehörige der fränkischen Oberschicht wurden am Bernerring in reich ausgestatteten Grabkammern unter künstlichen Hügeln beigesetzt.
© Digitale Archäologie, Freiburg in Breisgau, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt

Das Frühmittelalter (5.–8. Jahrhundert)

Wie einschneidend das Frühmittelalter für Basel ist, zeigt die Tatsache, dass hier zwischen der Spätantike (ab 400) und der Regierungszeit Karls des Grossen (771–814) die lateinische Sprache durch alamannische Dialekte abgelöst wurde. Seit der Karolingerzeit werden in Urkunden fast nur noch «deutsche» Personennamen verwendet.
Beständiger blieben diesbezüglich jedoch die alten lateinischen Ortsbezeichnungen. Auf römische Gründungen zurückgehende Ortsnamen wie Basel, Pratteln, Augst oder Solothurn überdauerten. Daneben finden sich seit dem 7. Jh. germanische Ortsnamen für neue Gründungen. Sie lassen sich anhand der Namens-Endungen -ingen oder -ikon leicht erkennen. Als Beispiel dafür sei hier Kleinhüningen genannt, dessen Name auf die alamannische Bezeichnung Huningen, also Gehöft der Sippe des Huno, zurückgeführt wird.

Im 5. bis 8. Jh. vollzieht sich der Ausbau von Dörfern, Weilern und Einzelhöfen in der Umgebung des Refugiums auf dem Münsterhügel. Dieser «Dezentralisierung» liegen einerseits Änderungen der politischen Organisation zugrunde, die mit dem Abzug der römischen Truppen (um 400) und der Auflösung der römischen Provinzverwaltung einsetzten. Eine wichtige Rolle spielte andererseits auch der Rückgang von Handel und Gewerbe beziehungsweise die Dominanz der Agrarwirtschaft. Das römische Fernstrassennetz behielt indessen seine Bedeutung.

Im Zeitraum des 5. bis 8. Jh. vermischten sich hier die verschiedensten kulturellen Traditionen: Neben ehemals keltischen und gallo-römischen Bewohner:innen prägten neu hinzukommende germanische Einflüsse den Alltag. Anhand der Grabanlagen und der Funde aus den Gräbern – die Toten wurden damals in ihrer Tracht und mit Beigaben bestattet – lassen sich romanische, alamanische und fränkische Einflüsse fassen.

Noch im 5. und 6. Jh. bildete der Rhein eine Sprach- und Kulturgrenze zwischen der alten romanischen Zentralsiedlung und den alamannischen Niederlassungen in «Kleinbasel», welche auch später noch als Bistumsgrenze fortleben sollte. Das linksrheinische Basel gehörte zum Erzbistum Besançon, Kleinbasel hingegen zum Bistum Konstanz. Damit kommt auch zum Ausdruck, dass sich im Frühmittelalter eine neue, für die zukünftige Entwicklung entscheidende Macht zu etablieren begann: das Christentum.

Fundstelle: Basel-Bernerring

Die Anfänge des Christentums

Mit dem im Jahre 313 von Konstantin dem Grossen und Licinius in Mailand erlassenen Toleranzedikt wurde den Angehörigen des römischen Reiches Glaubensfreiheit zugestanden. Erst unter Kaiser Theodosius I. wurde das Christentum im Jahre 380 zur Staatsreligion erhoben. Christliche Würdenträger wurden dadurch im Imperium Romanum hoffähig und konnten demzufolge in der spätantiken Verwaltung auch wichtige Funktionen übernehmen.
Nach dem Abzug der römischen Truppen von der Reichsgrenze am Rhein (um 400 n.Chr.) verstärkte sich diese Doppelrolle zunehmend: Bischöfe und Kleriker waren nicht nur Geistliche, sondern auch Garanten für eine funktionierende Zivilverwaltung und Rechtssprechung. Dies erklärt auch die spätere Führungsposition, welche die Basler Bischöfe als Stadtherren im Mittelalter innehatten.

Ein Bischof Justinian hat im Jahre 343/344 an der Synode in Serdica (Sofia) teilgenommen und ist wohl gleichzusetzen mit demjenem an der angeblichen Synode in Köln 346 bezeugten «episcopus Iustinianus Rauricorum». Jedoch residierte Justinianus vermutlich nicht in Basilia (Basel), sondern im Castrum Rauracense (Kaiseraugst), wo auch ein früher Kirchenbau nachgewiesen ist.

Um die Mitte des 4. Jh. n.Chr. ist ein römischer Funktionär im Gräberfeld an der Aeschenvorstadt mit Rangabzeichen und Gurt bestattet worden. Die 7,5 Zentimeter lange Zwiebelknopffibel (Kleiderschliesse) aus vergoldeter Bronze weist ein eingraviertes, nur 4 mm grosses Christogramm auf. Unter diesem Zeichen ist Kaiser Konstantin an der Milvischen Brücke 312 siegreich aus der Schlacht gegangen.
Das Christogramm ist aus den beiden ersten Buchstaben des griechisch geschriebenen Namens Christos (der Gesalbte) zusammengesetzt (X = Ch, P = R).

Erst 615 wird in Schriftquellen (Heiligen-Viten) Bischof Ragnachar als Ragnacharius Augustane et Basileae ecclesiae praesul, Vorsteher der Kirchen von Augst und Basel, erwähnt. Mit der nötigen Vorsicht darf man daraus auf die zeitgenössische Existenz einer christlichen Gemeinde in Basel schliessen.

Auf dem Bügel der Fibel ist ein Christogramm eingepunzt.
Aus dieser Zeit könnte die aus Bein (Knochen) gefertigte Gürtelschnalle aus einem Grab in der Aeschenvorstadt stammen. Die mit kaum mehr erkennbaren Zirkelmustern verzierte Schnalle besitzt hinter dem Eisendorn ein kleines Fach. Darin konnte eine Reliquie aufbewahrt werden – möglicherweise ein Stückchen Stoff vom Gewand eines Heiligen oder Märtyrers.

Erst ab der Mitte des 8. Jh. setzt mit Baldobert und Walaus in Basel eine verlässliche Liste von Bischöfen ein. Ein markanter Bedeutungsaufschwung scheint sich für Basel mit der Berufung des Abtes Haito (763–836) vom Kloster Reichenau als Bischof von Basel vollzogen zu haben. Haito liess in Basel nicht nur eine neue Kirche – wohl das 1974 archäologisch gefasste sogenannte Rundturmmünster – bauen, sondern unterzeichnete als einer der engsten Vertrauten Karls des Grossen (771–830) auch dessen Testament.

Mit der Stärkung des Bistums stand Basel am Beginn einer neuen Ära (Mittelalter), die bis in unsere Tage nachwirkt: Basel trägt auch heute noch den Bischofsstab im Wappen.

Fundstelle: Basel-Münsterplatz

Besondere Funde

Fundstellen des frühen Mittelalters (476–800 n. Chr.)

Karte mit Siedlungen, Einzelfunden, Gräbern und Kirchen in Basel und Umgebung.
© Peter von Holzen, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt

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