Direkt zum Inhalt springen

Breadcrumb-Navigation

Was kann ich tun? Zivilcourage zeigen bei Häuslicher Gewalt im Umfeld

Es braucht Überwindung, als aussenstehende Person etwas zu tun, wenn wir Häusliche Gewalt mitbekommen oder diese vermuten. Die einzige falsche Reaktion ist, den Verdacht zu ignorieren: Nichts tun schützt Gewaltausübende. Kleine Gesten reichen oft schon. Achten Sie darauf, sich selbst und andere nicht in Gefahr zu bringen – beachten Sie dazu folgende Tipps.

Plakat zu häuslicher Gewalt, umgeben von grünen Abzeichen und Tüchern.

Häusliche Gewalt ist ein sehr komplexes Thema mit viele Facetten. Die Handlungsmöglichkeiten des Umfelds hängen von der Form der Gewalt, der Beziehung zu den involvierten Personen und weiteren Umständen ab. Diese Seite enthält Tipps für Personen, welche zugunsten von Personen eingreifen möchten, welche (wahrscheinlich) Gewalt in der Paarbeziehung erleben. Bei Unsicherheiten ist es empfohlen, sich bei einer Fachstelle wie der Opferhilfe beider Basel eine telefonische Beratung für den konkreten Fall zu holen. Diese Beratungen stehen auch dem Umfeld von betroffenen Personen zur Verfügung. 

Sie sind sich nicht sicher, ob es sich bei Ihren Beobachtungen um Häusliche Gewalt handelt? Hier finden Sie Informationen zu Anzeichen von Häuslicher Gewalt. 

In akuten Situationen

  • In akuten Situationen (bei Schreien, Schlägen, Gegenstände welche kaputtgehen, weinenden Kindern) sollten Sie die Polizei (Notruf 117) verständigen. Sie können als aussenstehende Person nicht wissen ob es ‘nur’ ein sehr lauter und unschöner Streit ist, oder ob nicht sogar gefährliche Waffen im Spiel sind.
  • Die Polizei wird darauf achten, dass die Personen bei dem Einsatz nicht erfahren, wer sie verständigt hat, wenn das wichtig ist. Auch Sie selbst können Vorkehrungen treffen, z.B. das Licht in der eigenen Wohnung ausgeschaltet lassen (falls der Vorfall nachts stattfindet). 
  • Bei den betroffenen Nachbarn zu klingeln ist eine effiziente Möglichkeit, die Situation zu unterbrechen. Wenn Sie in einem Mehrfamilienhaus wohnen, können Sie auch die Klingeln im Hauseingang nutzen, um eine direkte Konfrontation zu vermeiden. 
  • Halten Sie sich bei einem Streit zurück und vermitteln Sie nicht zwischen den Beteiligten – Sie können zwischen die Fronten geraten oder die Zielscheibe von beiden werden. Gehen Sie lieber danach auf die Person zu, welche Sie besser kennen.
  • Achten Sie darauf, sich selbst und andere nicht in Gefahr zu bringen. 
  • Wenn eine Person akut Schutz sucht, sind die beiden Frauenhäuser der Region Basel 24 Stunden am Tag erreichbar. 
  • Sie können oder möchten nicht sofort eingreifen? Kontaktieren Sie eine Beratungsstelle wie die Opferhilfe beider Basel (+41 61 205 09 10, Bürozeiten) oder die Dargebotene Hand (Tel. 143, 24h) um ihre Handlungsmöglichkeiten nach dem Vorfall nochmals zu besprechen. 

Danach: Sich informieren, die betroffene Person ansprechen

Informieren: 

Die von der Gewalt betroffene Person ansprechen:

  • Die Person ansprechen, wenn sie alleine ist, bestenfalls kurz nach einem Vorfall
  • Das Vertrauen ist wichtig: Wer kennt die Person gut? Sie oder jemand anderes?
  • Einfache Gesten helfen: Verständnisvolles Zuhören ist oft das Wichtigste. 
  • Ich-Botschaften nutzen: "Ich mache mir Sorgen um dich", "Ich bin beunruhigt", "Ich nehme eine Veränderung bei dir wahr", etc.
  • Verurteilen Sie das gewalttätige Verhalten, nicht die Person welche die Gewalt ausübt. 
  • Eigene Meinung zurückhalten. Die Person fragen "Kann ich etwas für dich tun?", "Wie kann ich dich unterstützen?" Der betroffenen Person nicht ungefragt Ratschläge geben oder sagen was zu tun ist. 
  • Verständnis zeigen, wenn die Person nicht gleich alles abbricht: Trennungen sind schwierig. 
  • Die Person selbst entscheiden lassen, was sie tun will. 

Beratung:

  • Versuchen Sie, die gewaltbetroffene Person zu motivieren, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Sie finden alle Angebote in dieser Liste. Drängen Sie die Person nicht dazu, aber informieren Sie sie über Hilfsangebote, und dass diese Stellen vertraulich arbeiten. 
  • Die Beratung bei der Opferhilfe und auch im Frauenhaus ist gratis, unabhängig und es erfolgen keine Meldungen an staatliche Stellen. 
  • Ermutigen Sie die Person, ihre Verletzungen dokumentieren zu lassen, auch wenn sie sonst zu keinem weiteren Schritt bereit ist. So liegen später Beweise mit hoher Glaubwürdigkeit vor, welche bei allfälligen späteren Anzeigen und Verfahren um das Sorgerecht oder ein Aufenthaltsrecht genutzt werden können. In Basel-Stadt ist es möglich, die Verletzungen gratis und anonym von Expert/innen dokumentieren zu lassen im Notfall der Frauenklinik des Universitätsspital Basel (für Frauen) oder im allgemeinen Notfall des Universitätsspital Basel (für Männer). 
  • Für die Beweisscherung ausserhalb des eigenen Handys bietet #withyou einen Online-Safe zur Beweissicherung

Unterstützen, Praktische Hilfe anbieten

  • Fragen Sie dazu die Person selbst, was für Hilfe sie braucht oder was ihr am meisten helfen würde. Machen Sie  konkrete Hilfsangebote. Gewalttätige Beziehungen können handlungsunfähig machen oder es erschweren, Entscheidungen zu treffen. Sie können z.B. Ihre Hilfe anbieten, um Beratungstermine zu organisieren oder die Person zu einer Beratungsstelle zu begleiten. 
  • Braucht die Person einen sicheren Ort um sich zu schützen bei körperlichen Übergriffen? Können Sie ihr einen sicheren Ort anbieten oder behilflich sein dabei, einen solchen zu finden?
  • Gewaltausübende Partner sind meist kontrollierend – Sie können anbieten, wichtige Dokumente, Geld oder ähnliches für die Person aufzubewahren. Wenn die Person die Gewalt in ihrer Beziehung dokumentieren möchte, können Sie vielleicht auch diese Dokumente, Fotos und weitere Beweise aufbewahren. 
  • Eine simple und oft wichtige Hilfestellung ist zum Beispiel die Kinder zu betreuen damit die Person Zeit hat, um Beratung oder andere Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies ist auch nach einer allfälligen Trennung oft entlastend.
  • Wichtig ist, dass die Unterstützung so von der betroffenen Person gewünscht wurde. 

Und wenn die Hilfe nicht angenommen wird?

Nicht persönlich nehmen

  • Auf ablehnende/abwehrende/leugnende Reaktion vorbereitet sein. Die Person kann aus Angst, Scham oder weiteren Gründen so reagieren.
  • Auch bei ablehnender Reaktion kann die Ansprache etwas positives bei der Betroffenen Person auslösen. Z.B. verringert sie das Gefühl von Isolation, oder davon, dass zwar alle etwas mitbekommen, aber niemand etwas sagt. 
  • Viele Personen werden die Beziehung weiterführen oder dazu zurückkehren – meist braucht es mehrere Versuche bis zur Trennung. 
  • Sich bewusst sein: Wenn die/der Betroffene selbst nichts ändern kann oder will, sind die eigenen Handlungsmöglichkeiten beschränkt. Im Kontakt zu bleiben, ohne die Person für ihre Entscheidung zu verurteilen, und so einen Weg nach aussen offen zu halten ist oft wertvoll und macht eine spätere Trennung möglich. Beachten Sie den Selbstschutz. 

Selbstschutz

  • Tragen Sie die Last nicht alleine. Tauschen Sie sich mit Vertrauenspersonen aus, vernetzen Sie sich (z.B. im Netzwerk «Halt Gewalt»), holen Sie Nachbarinnen oder Nachbarn dazu. 
  • Machen Sie sich immer wieder deutlich, dass ihr beschränktes Handeln wichtig ist. 
  • Hierzu stehen Ihnen zu Bürozeiten die Opferhilfe beider Basel (+41 61 205 09 10) oder der Sozialdienst der Kantonspolizei Basel-Stadt (+41 61 267 70 38) und zu Randzeiten die Dargebotene Hand (Tel. 143) zur Verfügung. 
  • Es ist wichtig, dass Sie nicht über Ihre persönlichen Grenzen gehen beim unterstützen. Wenn der Kontakt zu belastend wird, dürfen Sie sich zurückziehen. 

Imma Mäder

Co-Projektleitung "Halt Gewalt"
Mobil: +41 79 567 56 01

Clara Wittich

Co-Projektleitung "Halt Gewalt"