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Herausgeber/Éditeur/Editore/Publisher: Kanton Basel-Stadt
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Fokusthema 2022: Biodiversität heisst Reichtum dank Vielfalt

Städtische Wiese mit Wildblumen vor modernen Gebäuden.
Wildblumenwiese in der Stadt
© C. Hügli

Weshalb brauchen wir Biodiversität?

Biodiversität ist die gesamte Vielfalt der natürlichen Umgebung: Lebensräume, Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Bakterien) und die Variation innerhalb der Arten (genetische Vielfalt). Je grösser die Vielfalt, desto stabiler und anpassungsfähiger sind die Systeme in Ausnahmesituationen. Die Vielfalt bildet ein dichtes Netz an Beziehungen mit einer feinen Aufgabenverteilung. Generalisten übernehmen viele Aufgaben, Spezialisten können eine Aufgabe besonders gut lösen.
Vielfältige Ökosysteme haben eine stabilisierende Wirkung. Die Menschheit profitiert in hohem Masse davon. Bienen, Fliegen und Käfer bestäuben Wild- und Nutzpflanzen, Würmer, Asseln und Bakterien sorgen für Bodenfruchtbarkeit. Artenreiche Böschungen sind stabiler als artenarme, bei Trockenheit können sie noch Wasser verdunsten, wenn Rasen schon braun sind. Die Liste der Ökosystemdienstleistungen beinhaltet auch immaterielle Leistungen wie Erholungswirkung, essenzielle Naturprodukte wie sauberes Trinkwasser und Sauerstoffproduktion. Biodiversität heisst Reichtum dank Vielfalt.
Im Umweltbericht beider Basel sind Indikatoren zu Ursachen, Zustand und Massnahmen der Biodiversitätsentwicklung zu finden.

Gibt es genug Raum für die Biodiversität?

Rotkehlchen auf einem Holzpfahl im Grünen.
Gartenrotschwanz
© N. Martinez

Die Biodiversität in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft ist – wie auch in der Schweiz und weltweit – in einem besorgniserregenden Zustand. Wertvolle Lebensräume nehmen an Qualität und Fläche laufend ab. Die Gründe dafür sind die intensive Nutzung von Böden und Gewässern, die fortlaufende Zersiedelung und Zerschneidung der Landschaften, hohe Einträge von Problemstoffen (Pestizide, Nährstoffe, Medikamentenrückstände) aus Industrie, Landwirtschaft und privaten Haushalten, die Ausbreitung gebietsfremder invasiver Arten sowie der steigende allgemeine Nutzungsdruck auch durch Freizeitaktivitäten.

Wie ist es um unsere Pflanzenvielfalt bestellt?

Baum im Feld mit Bergen im Hintergrund.
Ausgeräumter und artenarmer Landwirtschaftsraum
© P. Franke

Über beide Kantone betrachtet, ist die Pflanzenvielfalt ungefähr stabil. Dies legen Zahlen aus dem Biodiversitätsmonitoring aus dem Kanton Basel-Landschaft nahe.
Der Druck auf die Vielfalt ist aber relativ gross. Aktuell sind es das Siedlungswachstum und die bauliche Verdichtung, welche bedeutende Gefährdungen darstellen. Lebensräume gehen für immer verloren oder werden voneinander isoliert. Bei der Anzahl Arten sind die negativen Auswirkungen nicht auf Anhieb sichtbar. Eine stetige Beeinträchtigung von Lebensräumen verursacht aber langfristig das Aussterben von Arten. Das fällt besonders ins Gewicht, wenn ein Lebensraum verschwindet, welcher der einzige Standort für ein bestimmtes Lebewesen ist.
Deshalb ist es wichtig, bestehende Lebensräume möglichst artenreich zu halten, bei Beeinträchtigungen wirksamen Ausgleich zu schaffen und Gelegenheiten zur Renaturierung zu nutzen.

Wie geht es unseren Fliessgewässern?

Flussufer mit Steinen und Büschen unter klarem Himmel.
Renaturierter Gewässerabschnitt
© Kathrin Schulthess

Zunehmende Abflussextreme, steigende Wassertemperaturen und Gewässerbelastungen beeinflussen den Lebensraum Gewässer negativ. Zudem sind die Lebewesen in Fliessgewässern auf naturnahe, vielfältige Gewässerstrukturen angewiesen. Viele Fliessgewässer wurden in der Vergangenheit stark verbaut, z.B. um Land zu gewinnen oder die Wasserkraft zu nutzen. Monotone Gewässer können ihre natürliche Funktion als Lebensraum für viele Gewässerorganismen nur noch eingeschränkt erfüllen. Es fehlt dann beispielsweise an Laichhabitaten oder Rückzugsräumen für Fische und Kleinlebewesen. In beiden Kantonen ist ein Grossteil der Gewässerabschnitte stark beeinträchtigt oder sogar eingedolt. Im Kanton Basel-Stadt sind es rund 75 % und im Kanton Basel-Landschaft knapp 40 %. Durch Revitalisierungen werden die Vernetzung sowie der Anteil an naturnahen Gewässerabschnitten kontinuierlich erhöht, was die Artenvielfalt und -dichte positiv beeinflusst.

Welches sind die stärksten Belastungsfaktoren?

Nahaufnahme einer Eidechse auf einem Steinboden.
Mauereidechse
© Stadtgärtnerei Basel

Veränderungen der Ökosysteme und Verluste in der Biodiversität werden durch menschliches Schaffen verursacht. Die Interaktion der Menschen mit den Ökosystemen ist mittlerweile so stark, dass kein Ort auf dem Planeten als unbeeinträchtigt gilt. Mikroplastik wurde auf den höchsten Bergen und in den tiefsten Meergräben nachgewiesen. Auf die Region Basel bezogen, sind die stärksten Belastungsfaktoren:

  • Bodenversiegelung und Landschaftszerschnei-dung: Das Wachstum des Siedlungsraumes verschlang in den letzten Jahrzehnten viel Fläche. Aktuell sind der Ausbau der Verkehrsachsen und die bauliche Verdichtung ausschlaggebend. Dabei werden wertvolle Böden versiegelt und die Durchlässigkeit der Landschaft für Tiere und Pflanzen beeinträchtigt.
  • Intensive Nutzung: Eine intensive Nutzung in Land- und Forstwirtschaft sowie der ober- und unterirdischen Gewässer verändert die natürlichen Ökosysteme stark. Schweizweit wird beobachtet, dass sich die Lebensräume angleichen und wenige anspruchslose Arten zunehmen, während der lokale, spezifische Charakter verloren geht. Die zunehmenden Freizeitnutzungen im Freien führen ebenfalls zu Beeinträchtigungen, vor allem wenn sie sich in die Nacht hinein oder in bisher ungestörte Gebiete verlagern.
  • Invasive Neobiota: Globale Warenströme werden auch von unerwünschten Passagieren genutzt. Um den Globus verfrachtete Tiere und Pflanzen verdrängen lokale Arten und dezimieren so die Biodiversität.

Wie kann die Biodiversität gefördert werden?

Kleiner Marder frisst am Wasser eine Beere.
Wasserspitzmaus
© R. Zverver

Die Erhaltung und Förderung der Biodiversität ist eine Herausforderung, die sowohl lokales, regionales wie globales Handeln erfordert. Gesetze in verschiedenen Bereichen wie Naturschutz, Landwirtschaft, Wald und Gewässer regeln den Umgang mit der natürlichen Vielfalt. Hinzu kommen Vereinbarungen, Strategien und Monitoringprogramme auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene. Als wichtige kantonale Massnahme gilt die rechtliche Unterschutzstellung von Gebieten, die besonders wertvolle Lebensräume für seltene oder bedrohte Tier- und Pflanzenarten sind. Ein weiteres wichtiges Instrument sind Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft. Bewirtschafter können für extensiv genutzte Wiesen, Weiden, Hecken, Feldgehölze oder für Buntbrachen Verträge abschliessen und erhalten finanzielle Beiträge. Schutz- und Förderflächen sind in beiden Kantonen tendenziell wachsend.

Wie kann ich selbst einen Beitrag leisten?

Bunte Raupe auf grünen Pflanzenstängeln.
Raupe des Schwalbenschwanzes
© Y. Reisner

Ein ressourcenschonendes Konsum- und Mobilitätsverhalten leistet einen wichtigen Beitrag, um den Reichtum der Biodiversität zu erhalten. Wer einen Balkon oder einen Garten besitzt, kann die Vielfalt auch dort fördern. Werden beispielsweise einheimische Wildpflanzen anstelle von exotischen Zierpflanzen gepflanzt, können Vögel, Schmetterlinge und viele weitere Tier- und Pflanzenarten profitieren. Mit Nisthilfen für Vögel oder Wildbienen, dem Anlegen von Stein- oder Asthaufen als Unterschlupfmöglichkeiten und dem Überführen von intensiv gepflegten Rasenflächen in Wiesen oder Krautsäume wird der Lebensraum weiter aufgewertet. Ein bisschen Unordnung schadet also keineswegs.

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