Vorschau auf die Grossratssitzung vom 11. und 18. September 2024
MedienmitteilungGrosser Rat
Der Grosse Rat beschliesst in der Septembersitzung über die Wiedereinführung von Förderklassen und weitere Massnahmen zur Verbesserung der integrativen Schule. Weiter geht es um diverse Ausgaben, darunter die Durchführung des ESC in Basel und zwei neue Grünanlagen in VoltaNord. Schliesslich wird eine PUK zu Missständen bei der Polizei beantragt.
PUK zur Basler Polizei
Im Juni zeigte ein Bericht von Staatsrechtsprofessor Markus Schefer Missstände bei der Basler Kantonspolizei auf. Die SP und das Grün-Alternative Bündnis beantragen die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), die aufzeigen soll, wie es zu den strukturellen Führungs-, Organisations- und Kulturproblemen kommen konnte. Die Einsetzung einer PUK erfordert einen Mehrheitsbeschluss von mindestens 40 Ja-Stimmen bei mindestens 60 Anwesenden. Der Grosse Rat hat erst zwei Mal eine PUK eingesetzt; die letzte von 2020-2022 betraf den Neubau des Biozentrums.
Eurovision Song Contest in Basel
Basel darf im Mai 2025 den Eurovision Song Contest (ESC) austragen; dies hat die SRG am 30. August entschieden. Der Grosse Rat hat die Bewerbung Basels für die Durchführung des weltweit grössten Musikanlasses bereits im Juni mit einer Resolution unterstützt. Der Regierungsrat beantragt nun für diverse Bereiche wie Infrastruktur, Sicherheit/Rettung, Transporte, Unterkünfte, Welcome-Aktionen und Rahmenveranstaltungen gesamthaft 37,46 Mio. Franken. Da bereits im laufenden Jahr Vorbereitungsarbeiten nötig sind, die im Budget 2024 nicht enthalten sind, werden von diesen Ausgaben 1 Mio. Franken als Nachtragskredit beantragt. Von den 37,46 Mio. Franken in Abzug kommen die erwarteten Einnahmen von 2,5 Mio. Franken aus der «Arena Plus», die am Finaltag im St. Jakob-Park eingerichtet wird. Netto rechnet der Kanton also mit Ausgaben von knapp 35 Mio. Franken. Hauptveranstaltungsort wird die St. Jakobshalle sein. Der ESC in Basel erfolgt unter dem Motto «Crossing Borders». Der Regierungsrat beantragt den Ratschlag dringlich am 11. September zu traktandieren.
Wiedereinführung von Förderklassen
Die 2022 eingereichte «Förderklassen-Initiative» verlangt, dass in Basel-Stadt neben den Integrationsklassen wieder heilpädagogisch geführte Förderklassen eingeführt werden für Kinder mit Lernschwächen oder auch auffälligem Verhalten. Die Bildungs- und Kulturkommission (BKK) lehnt die Volksinitiative grossmehrheitlich ab. Sie stellt sich stattdessen mehrheitlich hinter den Gegenvorschlag des Regierungsrats, der anerkennt, dass die vorübergehende Separation von Schülerinnen und Schülern in Einzelfällen notwendig sein kann. Er hält aber am Grundsatz «Integration vor Separation» fest und will die integrative Schule mittels der Einführung von Fördergruppen und Lerninseln stärken. Bei diesen Angeboten bleibt ein Kind seiner Stammklasse zugehörig. Die BKK ergänzt die Vorschläge der Regierung: Für Schülerinnen und Schüler mit ausgeprägter Lernschwäche – nicht aber mit auffälligem Verhalten – sollen heilpädagogische Förderklassen geschaffen werden können. Weiter sollen Lehrpersonen in Schulzimmern durch Doppelbesetzungen heil- und sozialpädagogisch stärker unterstützt werden. Diesem ergänzten Massnahmenkatalog im Schulgesetz stimmt die BKK mit 7 zu 4 Stimmen bei zwei Enthaltungen zu. Die Minderheit lehnt Förderklassen ab, da sie eine Stigmatisierung der separierten Kinder befürchtet. (Mehr s. Medienmitteilung der BKK vom 28.6.2024).
Archäologische Informationsstelle, Darstellende Künste, Bläsi-Bibliothek
Die Archäologische Informationsstelle «Murus Gallicus» liegt im Untergrund des Pausenplatzes der Primarschule Rittergasse, sie macht die Überreste der spätkeltischen Wehranlage unter Glaspyramiden sichtbar. Seit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs im Jahr 2020 ist der Besuch der Informationsstelle für die Bevölkerung und Touristen bei Schulbetrieb nur noch sehr eingeschränkt möglich, da die Glaspyramiden aus Sicherheitsgründen eingezäunt werden mussten. Der Regierungsrat beantragt deshalb knapp 3 Mio. Franken für eine Umgestaltung. Künftig soll die Informationsstelle über einen Eingang direkt von der Rittergasse zu erreichen sein. Geplant sind weiter ein unterirdischer Besucherraum und zwei Baukörper, welche die Höhe und den Verlauf des Keltenwalls spiegeln. Gleichzeitig wird der Schulhof attraktiver gemacht.
Für den gemeinsamen Fachausschuss Darstellende Künste BS/BL beantragt der Regierungsrat gut 2,4 Mio. Franken (2024-2027), was einer Erhöhung von je 80’000 Franken für die Jahre 2026 und 2027 entspricht. Die beiden Basel unterstützen damit das regionale freie Tanz-, Theater- und Zirkusschaffen partnerschaftlich.
Für die Erweiterung der Quartierbibliothek Bläsi, einer Zweigstelle der GGG Stadtbibliothek, beantragt der Regierungsrat 820'000 Franken. Mit dem Investitionsbeitrag kann die Bibliothek ihre Fläche verdoppeln. Die BKK stimmt allen drei Vorlagen einstimmig zu.
«Grüne Lungen» für VoltaNord
Mit VoltaNord entsteht derzeit ein belebtes neues Wirtschafts- und Wohnareal. Zum grünen Quartierplatz soll der Lysbüchelplatz (5000 m2) werden. Weiter ist im Westen entlang der Bahngleise mit dem Saint-Louis-Park (22'500 m2) ein Naturschutzgebiet und eine Parkanlage geplant. Für die Realisierung des Saint-Louis-Park beantragt der Regierungsrat 10,15 Mio. Franken und für den Lysbüchelplatz 8,3 Mio. Franken, wobei der grösste Teil der Ausgaben aus dem Mehrwertabgabefonds finanziert werden kann. Die Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) stimmt beiden neuen Grünräumen einstimmig zu, letzterem bei einer Enthaltung. Einige Mitglieder stellen den auf dem Lysbüchelplatz geplanten zweigeschossigen Holz-Pavillon «Gazebo» in Frage.
Ausbau der Photovoltaik auf Kantonsliegenschaften
Der Ausbau der Photovoltaik ist für die Erreichung des Netto-Null-Ziels von zentraler Bedeutung. Der Kanton installiert seit 2011 laufend neue Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern und an den Fassaden der Liegenschaften im Verwaltungsvermögen, also öffentlichen Bauten wie etwa Schulen. Mit einer dritten Ausbauetappe will der Regierungsrat bis 2030 das verbleibende Solarpotenzial im Verwaltungsvermögen erschliessen, er beantragt für die Projektierung von 48 Photovoltaik-Anlagen 3,1 Mio. Franken. Die grössten Erträge versprechen die Areale St. Jakobshalle, St. Jakob-Parkhaus und Kaserne. Die UVEK stimmt der Vorlage einstimmig zu.
Neues Wassergesetz
Heute sind die drei zentralen wasserrechtlichen Themenbereiche Wasserbau, Gewässerschutz und Nutzung der Gewässer in vier Gesetzen und verschiedenen Verordnungen geregelt. In einem neuen Wassergesetz sollen diese nun gebündelt werden und die Nutzung der Gewässer klarere Bestimmungen erhalten. Die UVEK stimmt dem neuen Gesetz mit einigen Änderungen zu. So will sie die Biodiversität stärker verankern und auch den Paradigmenwechsel, Niederschlagswasser möglichst versickern zu lassen oder zur Nutzung zurückzuhalten, statt in die Kanalisation zu leiten, zum Ausdruck bringen. Weiter sollen die Einnahmen aus den Ableitungsgebühren nicht nur für den Unterhalt der Kanalisation, sondern auch für Versickerungsanlagen eingesetzt werden können.
Aufarbeitung fürsorgerischer Zwangsmassnahmen
Auch im Kanton Basel-Stadt kam es zwischen 1930 und 1980 zu Anstaltseinweisungen, psychiatrischen Zwangseinweisungen und sonstigen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen gegenüber Erwachsenen und Jugendlichen. Nach ersten Schätzungen waren mindestens 5’000 erwachsene Personen betroffen. Für Basel-Stadt ist bisher kaum eine historische Aufarbeitung erfolgt, weshalb der Regierungsrat für ein entsprechendes Forschungsprojekt 600'000 Franken beantragt. Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) unterstützt das Projekt. Seit 2021 erinnert im Innenhof des Rathauses eine Gedenktafel an vergangenes Unrecht.
Weiteres
Der Tierpark Lange Erlen soll Staatsbeiträge von insgesamt 2,36 Mio. Franken erhalten (2025-2028); das entspricht der laufenden Beitragsperiode. Die UVEK stimmt zu.
Am Appellationsgericht nimmt die Arbeitslast zu. Der Gerichtsrat beantragt deshalb, die Anzahl nebenamtlicher Richterinnen und Richter von 14 auf 18 zu erhöhen; dies für den Rest der laufenden Amtszeit bis 2027. Die JSSK stimmt der Aufstockung zu.
Weiter beschliesst der Grosse Rat über die rechtliche Zulässigkeit bzw. das weitere Vorgehen zu mehreren Volksinitiativen. Die Gemeindeinitiative von Riehen «für eine vernünftige und verhältnismässige Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Bereich des öffentlichen Verkehrs» erachtet der Regierungsrat als nicht zulässig, da die behindertengerechte Ausgestaltung von Tram- und Bushaltestellen abschliessend bundesrechtlich geregelt ist.
Eine Petition wünscht im öffentlichen Raum einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen. Anders als der Regierungsrat spricht sich die Petitionskommission mehrheitlich für Tests mit gekennzeichneten Raucherzonen an ÖV-Haltestellen aus.
Schliesslich wartet eine Vielzahl parlamentarischer Vorstösse auf Behandlung, darunter 18 neue Motionen.