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Regierungsrat Hanspeter Gass leitet Korrekturen ein

Medienmitteilung

Justiz- und Sicherheitsdepartement

Der Bericht „Meier“ zum Polizeieinsatz vom 26. Januar 2008 liegt vor -- Der von Regierungsrat Hanspeter Gass mit einer Administrativuntersuchung beauftragte ehemalige Strafgerichtspräsident Dr. Christoph Meier kommt in seinem Bericht zum Polizeieinsatz vom 26. Januar 2008 zum Schluss dass im Lichte der Verhältnismässigkeit besehen die polizeilichen Kontrollen auf eine weniger einschneidende Art und Weise hätten durchgeführt werden müssen. Er bestätigt aber auch dass sich der Einsatz grundsätzlich als gerechtfertigt und notwendig zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erwiesen hat. Es kam weder zu Ausschreitungen noch zu Sachbeschädigungen. Erste Sofortmassnahmen insbesondere was die Behandlung von Jugendlichen bei Kontrollen betrifft hat die Kantonspolizei bereits anlässlich der bewilligten Demonstration vom letzten Samstag umgesetzt.

Zu dem Polizeieinsatz Ende Januar war es im Zusammenhang mit den Aktionen der Anti-WEF-Bewegung gekommen. So fand in Bern am 19. Januar und in Zürich am 25. Januar je eine unbewilligte Demonstration statt, die einen Grosseinsatz der dortigen Polizeikräfte erforderte. In Basel wurden schon in den Jahren 2002 bis 2005 unbewilligte Kundgebungen durchgeführt, welche von Ausschreitungen, schweren Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffen auf Polizeiangehörige begleitet waren. Zudem kam es am 24. Januar 2008 in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft zu mehreren Brandanschlägen gegen Motorfahrzeuge, zu eingeschlagenen Schaufensterscheiben und weiteren Sachbeschädigungen mit einer Schadenhöhe von insgesamt rund einer halben Million Franken. Zu den Anschlägen bekannte sich die Anti-WEF-Bewegung. Diese Entwicklung liess für den Samstag, 26. Januar in Basel militante Aktionen befürchten. Das Einsatzkonzept der Polizei war deshalb darauf ausgerichtet, eine Kundgebung, für welche kein Bewilligungsgesuch eingereicht worden war, im frühen Stadium zu verhindern und mögliche Ausschreitungen zu vermeiden.

Bei ihrem Einsatz am 26. Januar führte die Polizei zahlreiche Personenkontrollen durch und hielt 66 Personen an. Es kam weder zu Ausschreitungen noch zu Sachbeschädigungen. Unter den Angehaltenen befanden sich aber auch unbeteiligte Personen. Dies konnte laut Christoph Meier passieren, weil die Einsatzdoktrin auf den ersten Blick zweckmässig und dem Bedrohungsszenario angemessen erscheint. Diese setzt aber zwingend voraus, dass ihre Umsetzung mit einem klar formulierten Einsatzbefehl mit einer an die jeweilige Situation angepassten Vorgehensweise ermöglicht wird. Auswahl, Überprüfung oder Anhaltung mutmasslicher Teilnehmer müssen vor allem im Vorstadium einer geplanten Kundgebung umsichtig gehandhabt werden. Ohne diese Voraussetzung barg die Vorgehensweise das erhebliche Risiko in sich, dass zufällig anwesende Personen erfasst und polizeilich überprüft wurden; ohne eine Triage mit Differenzierung und Aussonderung zwischen eigentlichen Organisatoren der Veranstaltung, Mitläufern und Unbeteiligten mussten alle angehaltenen Personen die unangenehme und je nachdem mit einem stundenlangen Freiheitsentzug verbundene Überprüfung über sich ergehen lassen. Dies traf effektiv so ein.

Die Kontrolle der 66 angehaltenen Personen dauerte bis zu ihrer jeweiligen Entlassung zwischen 40 Minuten und sechs Stunden und zehn Minuten. Eine nach dem Einsatz vorgenommene Überprüfung durch die Sicherheitsorgane des Bundes beim Dienst für Analyse und Prävention (DAB) des Bundesamtes für Polizei (fedpol) kam zum Ergebnis, dass 41 der 66 angehaltenen Personen einschlägig bekannt und der Bewegung „Revolutionärer Aufbau Schweiz“ (RAS) zugerechnet werden können.

Dr. Christoph Meier kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass im Hinblick auf künftige Einsätze mit vergleichbarem Szenario eine frühzeitige Triage der angehaltenen Personen, vor allem bei Jugendlichen, passieren muss. Die Polizei hat bereits vor Vorliegen des Berichtes Meier im Hinblick auf die bewilligte Demonstration vom 1. März 2008 eine verbesserte Triagestelle eingerichtet. Damit können offensichtlich Unbeteiligte frühzeitig ausgesondert werden. Ebenso werden Jugendliche getrennt behandelt und es wird sichergestellt, dass die Eltern umgehend orientiert werden.

Weiter sind folgende Punkte kritisch zu überprüfen:

• Identitätsüberprüfungen grundsätzlich vor Ort und nur unter bestimmten Voraussetzungen in einer Dienststelle unter Beachtung einer möglichst geringen Eingriffsintensität.

• Orientierung der kontrollierten Personen spätestens bei Ankunft in der Sammelstelle über den Grund ihrer Anhaltung und die voraussichtliche Dauer ihres Aufenthaltes.

• Unterbringung der angehaltenen Personen in Räumlichkeiten mit angemessener Infrastruktur, Gewährleistung von Verpflegung und Betreuung.

• einheitliche Direktiven für die Effektenkontrolle und Beschleunigung des Verfahrens,

• zentrale Anordnung und Durchführung der die Intimsphäre berührenden körperlichen Durchsuchungen mit Konzentration auf Personen, von denen eine Eigen- oder Drittgefährdung ausgeht; Trennung dieser Personen von den übrigen Personen; nach demselben Grundsatz sind die Zwangsmassnahmen bei Anhaltung und während des Transports anzuordnen;

• Reduktion des administrativen Aufwandes zur Erhebung der persönlichen Daten. Zusätzliche Befragungen bei Personen, bei denen strafbare Handlungen zur Diskussion stehen. Bereitstellung einer ausreichenden administrativen Infrastruktur, um die Wartezeiten so kurz als möglich zu halten;

• Richtlinien zur Sicherstellung der Kommunikation von Angehaltenen mit Angehörigen, insbesondere im Falle von Jugendlichen und bei medizinischen Problemfällen;

• es wird empfohlen, eine Arbeitsgruppe zu beauftragen, die Handhabung von erkennungsdienstlichen Daten, Personendaten, Bild- und Tonaufnahmen gemäss §58 PolG und vom Bundesamt für Polizeiwesen übermittelten Daten zu prüfen, insbesondere in Bezug auf Datenweitergabe, Löschung und Auskunftserteilung an Betroffene.

Der Bericht von Dr. Christoph Meier wurde am Donnerstag im Rahmen einer Medienkonferenz vorgestellt. Regierungsrat Hanspeter Gass gab dabei die Einsetzung von zwei Arbeitsgruppen bekannt. Nebst der bereits aktiven Arbeitsgruppe zur Weiterbearbeitung der teilweise schon umgesetzten Sofortmassnahmen betreffend Triagestelle, Umgang mit Jugendlichen und allgemeine Grundsätze im Zusammenhang mit Kontrolle und Zwangsmassnahmen wird eine im Bericht empfohlene Arbeitsgruppe Datenschutz gebildet. Diese nimmt ihre Arbeit so bald wie möglich auf, so dass daraus resultierende Erkenntnisse bereits in den nächsten Ordnungsdiensteinsätzen umgesetzt werden können.

Der Vorsteher des Sicherheitsdepartementes und der Polizeikommandant entschuldigten sich bei den zu Unrecht Betroffenen. Regierungsrat Hanspeter Gass gab ausserdem zu bedenken, dass es in den letzten Jahren zu keinen vergleichbaren Vorfällen gekommen sei und dies bei laufend zunehmender Zahl notwendiger Ordnungsdiensteinsätze in einem zunehmend gewaltbereiteren Umfeld.

Justiz- und Sicherheitsdepartement