Beruf und Angehörigenpflege – Unternehmen vor einer neuen Herausforderung
MedienmitteilungPräsidialdepartement
Der Round Table Familienfreundliche Wirtschaftsregion Basel lanciert die Debatte zu „Job & Elder Care“ -- Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie steht die Kinderbetreuung im Vordergrund. Mit dem demographischen Wandel rückt nun zusätzlich das Thema Angehörigenpflege (Elder Care) ins Blickfeld. An der Tagung – organisiert von der Fachstelle Gleichstellung von Frauen und Männern – wurden erste Lösungsansätze entwickelt wie Unternehmen dieser neuen Herausforderung kompetent begegnen können.
Die Bevölkerung der Schweiz wird immer älter und der Anteil an pflegebedürftigen betagten Menschen nimmt zu. Für die Wirtschaft bedeutet dies, dass immer mehr Mitarbeitende sich neben dem Beruf um die Pflege ihrer Eltern kümmern. Gründe dafür sind vor allem die höherer Frauenerwerbsbeteiligung und die Alterung der Belegschaften. Künftig wird ein grösserer Teil der Erwerbstätigen auf Arbeitsbedingungen angewiesen sein, die ihnen erlauben, ihre pflegebedürftigen Angehörigen zeitweise zu betreuen.
Bisher wird die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Job & Elder Care jedoch kaum öffentlich diskutiert und ist noch nicht ins Bewusstsein der Unternehmen getreten. Die Erklärung lieferte an der Medienorientierung Regierungspräsident Guy Morin: „Der Handlungsbedarf im Bereich der Kinderbetreuung ist nach wie vor sehr hoch. Zudem ist Angehörigenpflege ein belastendes Thema, denn es geht um die Begleitung in der letzten Lebensphase.“ Child Care und Elder Care gehören zusammen, da späte Eltern häufig gleichzeitig mit beidem konfrontiert sind. Morin betonte: „Der Kanton Basel-Stadt ist sowohl als Arbeitgeber als auch politisch gefordert, die Rahmenbedingungen für eine gelingende Vereinbarkeit beider Anliegen zu verbessern.“
Christoph Brutschin, Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, ermutigte die Unternehmen genau hinzusehen, wie sich ihre Belegschaft zusammensetzt und welchen familiären Belastungen sie ausgesetzt ist. Denn: „Loyalität von kompetenten Mitarbeitenden und die Erhaltung des betrieblichen Know-Hows sind auch und gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten elementar.“ Brutschin wies auf die Rolle des Round Table als Think Tank und Diskussionsplattform hin und bekräftige: „Der Regierungsrat steht voll und ganz hinter dem Ziel, Basel als familienfreundliche Wirtschaftsregion zu positionieren.“
Im Hauptreferat zeigte Organisationsberaterin Agnes Joester die verschiedenen Lebensphasen auf, die Arbeitnehmende durchlaufen. „Unternehmen müssen sich von der klassischen Vorstellung von Vollzeit-Berufslaufbahnen verabschieden. Heute braucht es eine lebensphasen-orientierte, familienfreundliche Personalpolitik.“
Die Forscherin Iren Bischofberger präsentierte die Ergebnisse von „work & care“ und machte darauf aufmerksam, dass Angehörigenpflege oftmals eine Pensen-Reduktion oder die Aufgabe der Erwerbstätigkeit nach sich zieht. „Massive Lohneinbussen und Karriere-Knicks sind die Folge. Diese trifft vor allem Frauen, weil sie gemäss traditioneller Rollenerwartung den Hauptteil der Pflege als unbezahlte Arbeit leisten.“
An der Podiumsdiskussion wurde klar: Ohne die Unterstützung von Wirtschaft und Staat lässt sich die Vereinbarkeitsproblematik nicht lösen. Von Seiten der Arbeitgebenden braucht es gezielte Beratung und Information sowie konkrete Massnahmen wie flexible Arbeitsarrangements oder Serviceleistungen für Pflegende. Viele Massnahmen im Bereich Child Care lassen sich auf Elder Care anpassen und sind unkompliziert, kostengünstig und dennoch wirksam. Man war sich einig, dass staatliche Rahmenbedingungen ebenso wichtig sind: Neben dem Ausbau von Infrastruktur und Betreuungsangeboten für betagte Menschen wurde insbesondere die Möglichkeit einer beschränkten Lohnkompensation besprochen. Eine entsprechende Regelung gibt es im Kanton Basel-Stadt längst. Sie ist jedoch ungenügend bekannt und wird deshalb kaum in Anspruch genommen.
Der „Round Table Familienfreundliche Wirtschaftsregion“ wird die Erkenntnisse der Tagung auf den verschiedenen Ebenen weiter verfolgen. Gegründet wurde der „Round Table“ auf Initiative der Fachstelle Gleichstellung von Frauen und Männern Basel-Stadt vor knapp drei Jahren. Beteiligt sind Privatwirtschaft, Verbände und Verwaltungsstellen.