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Gemeinsam gegen Radikalisierung

News

Die Anlaufstelle Radikalisierung (AR), ein Teilbereich des Ressorts Prävention gegen Gewalt, bietet niederschwellig Unterstützung und Beratung in Fragen zu Radikalisierung und gewaltbereitem Extremismus an. Hier sollen Aufgaben, Ziele und die Erfahrungen seit 2016 beleuchtet und gleichzeitig erklärt werden, wie sich die Anlaufstelle vom Kantonalen Bedrohungsmanagement unterscheidet.

Goldener Schachbauer vor weissen Figuren.
Symbolbild
© iStockPhoto.com

Text: M.Sc. Sarah Graf, Ressort Prävention gegen Gewalt

Konkret kann sich bei der AR melden, wer den Verdacht hegt, jemand im privaten oder beruflichen Umfeld befinde sich in einem Radikalisierungsprozess, und sich um diese Person Sorgen macht. Bei einer Meldung werden zuerst die Beobachtungen entgegengenommen und aufgrund dieser Informationen eine mögliche Radikalisierungstendenz fachkundig eingeschätzt. Danach folgen eine niederschwellige Beratung sowie fallspezifisch adäquate Empfehlungen. Die Kontaktaufnahme mit der AR ist anonym. Das bedeutet, dass lediglich die Koordinaten der meldenden Person, zwecks Kontaktaufnahme, jedoch nie der einzuschätzenden Person aufgenommen werden. 

Bisherige Zahlen und Erfahrungen

Seit der Implementierung der AR im Oktober 2016 verzeichnete die Anlaufstelle 93 Fälle respektive Kontaktaufnahmen (Stand November 2023). Die meisten Meldungen betrafen eine religiöse Thematik. Vor allem 2023 wiesen die Meldungen jedoch vermehrt auch politische Belange auf oder liessen sich dem monothematischen Spektrum wie beispielsweise Staatsverweigerer zuordnen, wobei auch die Gesamtzahl an Kontaktaufnahmen wieder anstieg.

Definition Radikalisierung

Als Radikalisierung wird ein Hinwendungsprozess definiert, der zu einer immer extremeren politischen, sozialen oder religiösen Überzeugung führt und allenfalls bis zum Einsatz von extremer Gewalt, um die betreffenden Ziele zu erreichen. Bedenklich ist ein solcher Prozess vor allem in jenen Fällen, wo eine Radikalisierung einen Punkt erreicht, an welchem demokratische und rechtsstaatliche Grundlagen abgelehnt und/oder Gewalt zur Zielerreichung befürwortet, gefördert oder sogar ausgeübt wird.

Quelle: NAP gegen Radikalisierung und Extremismus 2023–2027,
Sicherheitsverbund Schweiz, SVS.

Abgrenzung zum Kantonalen Bedrohungsmanagement (KBM)

Ziel des seit März 2023 bestehenden KBM Basel-Stadt ist es, zielgerichtete Gewalt zu verhindern. Dabei soll durch die Verknüpfung und Bearbeitung von Informationen die von der Person ausgehende Gewaltbereitschaft frühzeitig erkannt, die Risiko- und Schutzfaktoren eingeschätzt und eine nachhaltige Entschärfung der Situation sowie eine bedarfsorientierte Unterstützung aller Beteiligten sichergestellt werden. Obwohl die beiden Angebote AR und KBM das grundlegende Ziel haben, präventiv Gewalt zu verhindern, unterscheiden sie sich dennoch im konkreten thematischen Fokus, in den Zielgruppen und der Methodik. Zum besseren Verständnis sollen hier die wichtigsten Unterschiede kurz erläutert werden.

  • Thematischer Fokus
    Die Absicht des KBM ist es, zielgerichtete Gewalt unabhängig von deren Bezugsrahmen zu verhindern – beispielsweise im häuslichen, querulatorischen oder radikalen Kontext. Demgegenüber fokussiert die AR niederschwellig auf mögliche Radikalisierungsprozesse. Mögliche Meldungen an die AR, bei welchen eine zielgerichtete Gewalt vermutet wird, werden an das KBM oder anderweitige Stellen weitertriagiert. 
     
  • Zielgruppen
    Die AR hat zum Ziel, die meldende Person (und erweitert das Umfeld) einer möglicherweise radikalisierten Person zu unterstützen und zu beraten. Es können sich dabei alle Personen bei der AR melden, welche in Basel-Stadt wohnhaft sind. Die AR steht jedoch niemals mit der allfällig radikalisierten Person selbst in Kontakt – im Gegensatz zum KBM, das bei Verdacht auf zielgerichtete Gewalt vollumfänglich mit der meldenden Person, vor allem aber auch mit der gefährdenden Person, deren Umfeld, der gefährdeten Person und weiteren miteinbezogenen Stellen in Kontakt tritt. Meldungen an das KBM können jedoch nur durch geschulte Ansprechpersonen in kantonalen Stellen oder sonstigen Organisationen vorgenommen werden (hierzu gehören auch alle Polizisten und Polizistinnen). Niemand aus der Bevölkerung kann direkt eine Meldung an das KBM machen.
     
  •  Methodik
    Die Situationseinschätzung bei der AR basiert ausschliesslich auf den Informationen, welche von der meldenden Person oder möglichen Personen aus dem Umfeld kommen, die Beratung findet telefonisch statt und etwaige Weiterungen erfolgen meistens durch die Triage an anderweitige Stellen oder Organisationen. Nach erfolgter Triage und /oder Beratung /Unterstützung ist bei der AR ein Fall abgeschlossen. Dagegen basieren die Situationseinschätzungen durch das KBM auf der Meldung selbst, auf den polizeilichen Informationssystemen und wenn angezeigt auch auf Informationen von externen Organisationen und Institutionen; dies jedoch nur unter strengen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Im Rahmen eines intensiven und interdisziplinären Fallmanagements werden fallspezifische persönliche Gespräche (mit der gefährdenden und der gefährdeten Person) geführt, der Austausch mit anderen Organisationen gesucht und adäquate Weiterungen durchgeführt. Die gute Zusammenarbeit zwischen AR und KBM ist die ideale Voraussetzung, um die sich ergänzenden Unterschiede zwischen den beiden Stellen vollumfänglich nutzen zu können. So werden präventiv und in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen ungünstige Prozesse rasch erkannt, und Gewaltanwendungen in Basel- Stadt können verhindert werden.